Kolonisierung und Ausbeutung

Spanien und Portugal waren die treibenden Mächte bei der Erkundung unbekannter Gebiete. Die beiden Staaten lieferten sich einen regelrechten Wettlauf auf der Weltkugel: Wer setzte seinen Fuß zuerst auf eine unbekannte Fläche und konnte diese für seinen König einnehmen? Dramatisch wurde dieser Wettlauf, als sich die eine Partei der anderen in den Weg stellte und deren Schiffe vernichtete.
Der Papst musste einschreiten und vertraglich regeln, wem welche neu entdeckten Gebiete gehörten. Aber klar war: Die „Neue Welt“ wurde unter Spanien und Portugal aufgeteilt. Bis heute hat diese Besitznahme Spuren hinterlassen: Informiere dich hier, welche Sprachen heute in Südmerika gesprochen werden.


Spanien und Portugal werden „Kolonialreiche“

 

Was ist ein Kolonialreich?

Ein Kolonialreich besteht aus einem Stammreich (Spanien oder Portugal) und seinen Kolonien. Eine Kolonie ist ein Gebiet, was vom Stammreich abhängig ist. Die Kolonie hat keine eigene politische und wirtschaftliche Macht. Die Einheimischen einer Kolonie dürfen nicht selbst entscheiden, 

 

  • wie sie regiert werden,
  • von wem sie regiert werden und,
  • nach welchen Gesetzen sie leben müssen,
  • was für Strafen verhängt werden, wenn sie gegen die Gesetze verstoßen.



Wirtschaftliche Erträge gehören nicht der Kolonie, sondern dem „Mutterland“. Das Mutterland beutet die Kolonie gnadenlos aus. Wenn sich die Bewohner einer Kolonie gegen die Ausbeutung wehren, reagieret die Kolonialmacht mit Gewalt und Brutalität. Die Kolonialmacht wird vor Ort durch Kolonialherren aus dem Stammreich vertreten. Die Kolonialherren handeln im Sinne und unter Duldung des Herrschers über das Stammreich. Kolonialherren vertraten also in Amerika den spanischen oder portugiesischen König.
Spanien und Portugal waren die ersten europäischen Staaten, die Kolonien errichteten. Viele andere europäische Länder folgten ihnen, so dass es bald zu einem Konkurrenzkampf unter den europäischen Mächten kam: Wer hat die meisten Kolonien, wer beutet seine Kolonien am gewinnbringendsten aus? Die Verlierer dieses Wettstreites waren die Menschen in den Kolonien, die den Profit unter unmenschlichen Bedingungen erwirtschaften mussten.

Gold und Silber


Ein Kupferstich zeigt die schwere Arbeit im Bergwerk.

So wie Hernán Cortéz die Azteken überfiel, drang Francisco Pizarro ins Reich der Inka ein. Pizarro nahm den Inka-König gefangen. Er verlangte von den Inkas, einen riesigen Raum mit Gold zu füllen. Erst dann würde er den Inka-König freilassen. Die Inka erfüllten die Forderung und trugen tausende von Schmuckstücken zusammen. 
Die Spanier schmolzen die kunstvollen Gegenstände zu Goldbarren ein und ließen sie nach Spanien abtransportieren. Entgegen ihrem Versprechen töteten sie den Inka-König.

Doch die Gier nach Gold und Silber der Spanier war unstillbar. Die Inka versuchten alles, um die Standorte ihrer Gold- und Silberminen vor den Spaniern geheim zu halten. Doch sie schafften es nicht. Die Spanier nahmen die Minen gewaltsam in Besitz und zwangen Einheimische, massenhaft Edelmetalle abzubauen.

Der spanische König erteilte aus der Ferne eine Erlaubnis an die Kolonialherren, Gold und Silber in den Minen zu fördern. Vier Fünftel durften die Spanier vor Ort behalten, ein Fünftel mussten sie nach Spanien abgeben. „Silberflotten“ brachten die Beute nach Spanien.  

Neue Produkte aus Amerika

Doch nicht nur mit Gold- und Silberabbau konnte man in den Kolonien reich werden. In den neuen Gebieten gab es auch lukrative Naturprodukte:

Zwar denken wir heute:  "Der Zucker kam aus Kuba zu uns.", jedoch hat der Rohrzucker eine viel länger Reise hinter sich. Er stammte ursprünglich aus Asien, wurde dann auch in Europa angebaut. Von den Kanarischen Inseln wurde der Rohrzucker dann im Zuge der Entdeckungsfahrten auf die mittelamerikanischen Inseln gebracht und dort kultiviert. Der gewonnene Zucker wurde dann wieder nach Europa verschifft.


Von der Mischkultur zur Monokultur

In Europa waren die Erzeugnisse "aus Übersee" so begehrt, dass die Kolonialherren vor Ort eine Massenproduktion in Gang setzten. Diese Massenproduktion hatte dramatische Folgen für die Einheimischen. Denn sie bedeutete einen Wechsel von der Mischkultur zur Monokultur:

Mischkultur: 

Vor dem Eingreifen der europäischen Eroberer baute jeder Einheimische viele Produkte an, um sich selbst umfassend mit Obst, Gemüse und Getreide zu versorgen. 

Monokultur:

Die Kolonialherren zwangen die Einheimischen, ihre Produktion umzustellen. Auf einer riesigen Fläche wurde nun nur noch ein Produkt angebaut – nur Tabak, nur Kakaopflanzen oder nur Kaffeebohnen. Es ging nicht um die Bedürfnisse der Einheimischen, sondern um den Verkauf auf dem europäischen Absatzmarkt. Die Einheimischen, die auf den Plantagen arbeiteten, konnten nicht mehr die Sachen anbauen, die sie zum Leben brauchten. Lebensmittel bekamen sie nun von den Kolonialherren zugeteilt.

Warenaustausch über den Atlantik

Doch der Warentransport erfolgte nicht nur in eine Richtung. So wie neue Gemüsesorten und exotisches Obst nach Europa kam, brachten die Europäer auch einige Pflanzen und Tiere nach Amerika:

Insgesamt kam ein enormer "Warentransport" in Gang:

Die Kultivierung in Europa

Natürlich blieb es nicht beim Anbau in Übersee für den europäischen Markt. Schnell fanden Europäer heraus, dass zum Beispiel Kartoffeln, Paprika, Tomaten und Mais auch im europäischen Klima gedeihen konnten. Also wurden Samen nach Europa gebracht, um diese Pflanzen hier zu kultivieren. Dadurch ist uns heute gar nicht mehr bewusst, dass die "typisch" deutsche Kartoffel und die Tomate eigentlich amerikanischen Ursprungs sind.



Versklavung

Was unter europäischen Klimaverhältnissen nicht gedeihen konnte, wurde in Amerika für den europäischen Markt angebaut - in Form von Monokulturen, auf riesigen Plantagen.
Der Anbau und die Ernte war Schwerstarbeit, die die spanischen Eroberer nicht erledigen wollten. Sie versklavten einheimische Frauen, Männer und Kinder und ließen sie die schwere Arbeit erledigen. 

Tausende starben bei der Schinderei auf den Plantagen – durch Unfälle oder durch Schwächeanfälle. Weil sie zu wenig Nahrung bekamen, hatten sie kaum Energie für die schwere Arbeit.

Krankheit und Tod

Die Europäer brachten nicht nur Gewalt und Ausbeutung über die eroberten Gebiete, sondern auch ansteckende Krankheiten, deren Viren sie in sich trugen. Sie selbst waren vielleicht gegen Masern und Pocken schon immun. Doch die Einheimischen in Amerika hatten gegen diese Krankheiten noch keine Abwehrkräfte und starben reihenweise an Pocken, Masern, Tuberkulose, Pest und Cholera.

Es wird geschätzt, dass in den ersten 50 Jahren nach der Eroberung Amerikas durch die Europäer 90% der Ureinwohner starben - durch Überarbeitung, Arbeitsunfälle, Kreislaufzusammenbrüche, Hunger und Gewalt.

Sklavenhandel

Wenn nun die Einheimischen unter den unmenschlichen Arbeitsbedingungen reihenweise starben – wer sollte die schwere Arbeit auf den Plantagen erledigen? Dafür fanden die Europäer eine bittere Lösung: Sie verschleppten Bewohner Afrikas nach Amerika. Zwischen 1500 und 1900 wurden über 10 Millionen Afrikaner nach Amerika gebracht, um dort die Produkte herzustellen, die in Europa verkauft werden sollten. Ein „Dreieckshandel“ kam in Gang.


Der Dreieckshandel

Der Dreieckshandel vollzog sich, wie der Name schon sagt, zwischen drei Stationen:

Europa:  Wie schon Kolumbus und alle anderen großen Segler wussten, herrschten im Oktober die besten Windverhältnisse, um von Europa nach in den Süden zu segeln. Deshalb setzen sich die Schiffe im Oktober in Bewegung, vollgepackt mit Feuerwaffen, Stahl, Bronze, Stoffe, Glasperlen und bestimmten Handwerkswaren. 


  • Afrika: Die Ware wurde in Afrika abgeladen und gegen Sklaven eingetauscht. Hunderte von Sklaven wurden gewaltsam auf die Schiffe gezwungen und gegen ihren Willen nach Amerika verschifft. Anfang Dezember ging es weiter nach Amerika.


  • Amerika: In der Karibik, die in Mittelamerika liegt, wurden die Sklaven von den Schiffen gelassen. Sie wurden gezwungen, auf den Plantagen zu arbeiten. Im April, als die Winde für die Überquerung des Atlantiks wieder günstig waren, wurden die leeren Schiffe mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen beladen, vorwiegend mit Rohrzucker, Rum und Baumwolle. Diese Waren wurden nach Europa gebracht und dort verkauft. Im Frühsommer erreichten die Schiffe die europäischen Häfen.


Es entstand also eine geschlossene Kette zwischen den drei Handelsstützpunkten. Unvorstellbar ist, welches Menschenbild dem Dreieckshandel zugrunde lag. Für die europäischen Händler waren die afrikanischen Arbeiter nur eine "Ware", die sie genauso auf die Schiffe luden wie den Rohrzucker oder die Bronzebarren. Aus der Sicht der Europäer hatten weder afrikanische noch amerikanische Menschen Rechte. Wer kein Europäer war, war Untertan der Europäer und konnte beliebig benutzt werden, um europäische Interessen zu erfüllen. 
Der Dreieckshandel begann Ende des 17. Jahrhunderts und endete erst im 19. Jahrhundert. 
Wer profitierte vom Dreieckshandel? Portugiesische, spanische, französische, niederländische, englische und deutsche Handelsgesellschaften schickten ihre Schiffe für den Dreieckshandel über den Atlantik.


Aufgaben

1. Erkläre mit eigenen Worten die Begriffe "Kolonialreich", "Stammreich" und "Kolonie".

2. Löse das Lernspiel. Übertrage die entstandene Tabelle anschließend in deinen Hefter.

3. Was ist eine Monokultur und was sind ihre Vor- und Nachteile?

4. In den Jahren nach der "Entdeckung" durch die Europäer starben in Mittelamerika 90% der Ureinwohner. Woran genau? Liste alle Ursachen auf und erkläre sie.

5. Erkläre in Stichpunkten mit eigenen Worten den "Dreieckshandel".

6. Während in Europa das 500. Jubiläum der Entdeckungsfahrten gefeiert wurde, verbinden die Bewohner Mittel- und Südamerikas bis heute nichts Gutes mit ihrer Entdeckung durch die Europäer. 

  • Wie hätten die Europäer die Beziehungen zu den Einwohnern Mittel- und Südamerikas gestalten müssen, damit beide Seiten den Kontakt als wertvoll und gewinnbringend empfunden hätten? 
  • Was hätten die Europäer tun müssen?
  • Was hätten sie nicht tun dürfen? 


Antworte in Sätzen.