8. Höhlenmalerei
Vor 30 000 Jahren...
begannen die Urmenschen der Gattung Homo sapiens sapiens, die Wände ihrer Höhlen mit großen Gemälden zu verzieren. Ihre Höhlenmalereien wurden in Italien, Spanien und Frankreich entdeckt. Die berühmtesten steinzeitlichen Höhlen sind die Höhle von Lascaux in Frankreich und die Altamira-Höhle in Spanien.
Gemalt wurde mit Naturfarben und Erde. Doch was malten unsere Vorfahren überhaupt an ihre Wände?
Warum bemalten die Urmenschen ihre Höhlenwände?
Leider wissen wir die Gründe heute nicht mehr und können sie auch nicht herausfinden. Wie können nur vermuten, warum die Höhlenwände bemalt wurden. Das sind die vier Vermutungen:
Vermutung 1
Die Urmenschen glaubten, dass sie in den Höhlen Geister, Götter, Vorfahren oder Toten begegnen können. Die gemalten Tiere sollten zwischen den Menschen und der jenseitigen Welt vermitteln.
Vermutung 2
Das Zeichnen half den Urmenschen, schlimme Dinge, die sie erlebt haben, zu verarbeiten. Auch Ängste sollten so verarbeitet werden. Außerdem wollten sie ihre Träume und Wünsche zum Ausdruck bringen.
Vermutung 3
Vielleicht hatten die Höhlenmalereien auch einen praktischen Nutzen: Es könnte sein, dass die Urmenschen bestimmte Jagdtechniken, ihre Erfahrungen mit Jagdtieren oder auch gute Jagdwege für die Nachwelt aufzeichnen wollten.
Vermutung 4
Vielleicht dienten die Höhlenmalereien aber auch einfach der Verschönerung der Höhlenwände...
Ein kleines Mädchen ...
entdeckte die Höhlenmalerei in den Höhlen on Altamira. Lies ihre Geschichte...
Wir schreiben das Jahr 1879. Don Marcelino Sanz de Sautuola kriecht über den zerklüfteten Boden. Was für eine höchst interessante Höhle! Vor ein paar Jahren hatte er sie zum ersten Mal betreten. Damals hatte er zwischen dem Geröll Knochen und allerlei merkwürdige Werkzeuge aus Stein gefunden, die mit Sicherheit sehr, sehr alt sind. Heute hat er Geräte zum Graben und auch Fackeln dabei, denn nun will er sich genauer umschauen: Vielleicht lässt sich ja noch mehr entdecken? Maria, seine neunjährige Tochter, wollte diesmal unbedingt mitkommen. Sie liebt es, mit ihrem Vater auf Streifzüge zu gehen und Dinge aufzuspüren.
Die Familie bewohnt ein großes Landhaus in Altamira in Spanien, zu dem Wälder, Wiesen, Felder und Hügel gehören. Auch die geheimnisvolle Höhle befindet sich auf dem Familienbesitz. Seit ihrem fünften Lebensjahr hat Maria ihren Vater schon mehrfach dorthin begleitet. Gemeinsam haben sie dort Knochen und Zähne von Tieren, Schalen und Meerestieren, Pfeilspitzen und Faustkeile gefunden.
Gewimmel an der Decke
Während ihr Vater den Boden der Höhle an mehreren Stellen aufgräbt, sieht sich Maria die Wände und die Höhlendecke an. Da sie klein ist, kann sie aufrecht gehen und muss den Kopf nicht senken. Im flackernden Schein der Fackel geht sie langsam den felsigen Gang entlang. Plötzlich bleibt sie wie vom Donner gerührt stehen und reißt die Augen auf: Das kann doch nicht wahr sein! Da! An der Decke sind Bilder! Hunderte von Stieren tummeln sich dort! Oder sind es Bisons? Wunderschön und sehr lebendig gemalt, alles in Rot- und Brauntönen. Aufgeregt ruft Maria ihren Vater.
Don Marcelino stürzt mit seiner Fackel herbei. Gemeinsam betrachten sie die Bilder und kommen aus dem Staunen nicht heraus: Da sind Scharen von Tieren! Manche rennen, manche liegen, manche sind so auf den buckeligen Felsen angeordnet, dass es aussieht, als könnte man sie anfassen. Wer hat diese Bilder bloß gemalt?
Sehr alt oder ganz neu?
Marcelino Sanz de Sautuola ist völlig begeistert. Er ist fest davon überzeugt, dass Maria hier etwas ganz Besonderes entdeckt hat: Uralte Kunstwerke aus unserer Vorzeit! Er zeigt die Bilder vielen klugen Menschen. Sogar den spanischen König lädt er ein. Er will unbedingt herausfinden, wie alt die Höhlenmalereien wohl sind. Zu seiner großen Enttäuschung kommen die Wissenschaftler aber zu dem Urteil, dass in Altamira wohl unbegabte Schmierfinke aus moderner Zeit am Werk waren. Die Forscher des 19. Jahrhunderts konnten sich nämlich nicht vorstellen, dass unsere affenähnlichen Vorfahren schon Interesse am Malen gehabt haben sollen.
Aber damit irrten sie sich gründlich. Jahre später wurden in anderen Höhlen in Frankreich und Spanien ähnliche Bilder an den Wänden gefunden. Immer mehr Wissenschaftler begannen, sich damit zu beschäftigen. Sie entwickelten immer bessere Methoden der Erforschung. Im Jahr 1902 war dann endlich allen klar: Die Höhlenmalerei in Altamira stammt aus der Steinzeit und ist etwa 14 000 Jahre alt! Damit war Maria Sanz de Sautuola die erste Entdeckerin von steinzeitlichen Höhlenmalereien.
Noch ein paar Fakten:
Die Höhle von Altamira liegt im nördlichen Spanien. Sie ist 5500 Quadratmeter groß, etwa 270 Meter lang und mit über 260 Bildern bemalt. Jahrtausende lang wurde die Höhle von Menschen bewohnt, bis der Eingang einstürzte. Nach der Entdeckung der Bilder kamen so viele Besucher in die Höhle, dass die Wände zu schimmeln begannen. Deshalb wurde die Höhle 1979 gesperrt. Seit 2014 ist sie aber wieder begrenzt zugänglich.