Der Überfall auf Polen
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges
Vorgeschichte
Zwischen der deutschen und der russischen Einflusssphäre gelegen hatte Polen seit eher einen schweren Stand und wurde oft zwischen den Großmächten regelrecht zerrieben.
Einen Höhepunkt erreichte dies am Ende des 19. Jahrhunderts: Polen wurde zwischen dem neu entstandenen Deutschen Kaiserreich, Russland und Österreich aufgeteilt und verlor den Status einer eigenmächtigen Nation.
Nach dem ersten Weltkrieg erhielt Polen, auch durch die Unterstützung der Siegermächte, seine volle staatliche Souveränität zurück. Die neuen Grenzverläufe führten aber wieder zu neuen Konflikten mit Russland, das jetzt Sowjetunion hieß, auf der einen Seite und dem Deutschen Reich auf der anderen Seite.
Streitpunkte mit dem Deutschen Reich waren Ostpreußen und Danzig.
- Ostpreußen: Die neue Fläche Polens wurde von den Siegermächten des Ersten Weltkrieges so festgelegt, dass Polen Zugang zur Ostsee bekam. Das hatte aber zur Folge, dass Ostpreußen vom Deutschen Reich, zu dem es nach wie vor gehörte, abgetrennt war.
- Danzig: Diese Hafenstadt gehörte ursprünglich zu Ostpreußen, also zum Deutschen Reich. Laut Versailler Vertrag wurde Danzig zur Freien Stadt erklärt, wurde also vom ostpreußischen Gebiet abgetrennt und unter "internationale Verwaltung" gestellt. Als Freie Stadt ermöglichte Danzig den Alliierten den Zugang über die Ostsee aufs Festland und diente ihnen als militärischer Stützpunkt.
Beide Bestimmungen, die Abtrennung Ostpreußens und der Status Danzigs als „Freie Stadt“ war den Deutschen ein Dorn im Auge und der Ausgangspunkt für die nächsten Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Polen.
So war es kein Wunder, dass Hitlers erste Kriegshandlung genau Polen traf. Schon im März 1939 hatte Hitler einen aggressiven Kurs gegen Polen eingeschlagen und forderte
- den Anschluss der Freien Stadt Danzig an das Deutsche Reich und
- den Bau von Verkehrsverbindungen vom Deutschen Reich nach Ostpreußen.
Nachdem Polen beide Forderungen ablehnte, wies Hitler im April 1939 die Wehrmacht an, einen Feldzug gegen Polen vorzubereiten. Gleichzeitig wurde im Deutschen Reich gezielt antipolnische Propaganda verbreitet, um in der Bevölkerung Vorurteile und Hass zu schüren. Hierbei wurde auch nicht vor Falschinformationen zurückgeschreckt. Im August 1939 berichteten Zeitungen und Radio täglich von angeblichen Grenzverletzungen Polens und von Gewaltakten gegen die in Polen lebende deutsche Minderheit. Der Überfall auf Polen, der geplant war und der kurz bevorstand, sollte dann als Akt der Vergeltung, als gerechte Strafe dargestellt werden und vom deutschen Volk akzeptiert werden.
Am 22. August informierte Hitler seine wichtigsten Militärführer über den geplanten Überfall Polens und den genauen Ablauf.
Am 23. August unterzeichneten Hitler und Stalin den gegenseitigen Nicht-Angriffspakt. Der „Hitler-Stalin-Pakt“ verhinderte, dass Polen bei einem Angriff der Deutschen von der Sowjetunion unterstützt werden könnte. Außerdem regelte der „Hitler-Stalin-Pakt“, wie Polen nach einem erfolgreichen Kriegsverlauf zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion aufgeteilt werden sollte. Durch den „Hitler-Stalin-Pakt“ abgesichert, sollte nun ein künstlicher Anlass geschaffen werden, um den Krieg zu beginnen.
Der Überfall auf den Sender Gleiwitz
Am Abend des 31. August 1939 stürmten ca. sechs SS-Leute, geführt von einem SS-Sturmbannführer, das Gebäude des Senders Gleiwitz. Gleiwitz lag auf deutschem Gebiet, aber an der deutsch-polnischen Grenze. Die SS-Leute hatten sich als polnische Kämpfer „verkleidet“ und trugen Maschinenpistolen. Am Eingang des Sendegebäudes waren Wachpolizisten stationiert, die in die Aktion eingeweiht waren.
Im Sendegebäude überwältigten die als Polen verkleideten SS-Männer zum Schein vier Personen und fesselten diese im Kellerraum. Danach unterbrachen sie das Programm und verkündeten im Namen der angeblichen polnischen Aufständischen:
„Achtung! Achtung! Hier ist Gleiwitz. Der Sender befindet sich in polnischer Hand. (…) Die Stunde der Freiheit ist gekommen! Hoch lebe Polen!“
Die Aktion dauerte nur wenige Minuten. Schon 22:30 Uhr berichtete der Reichsrundfunk über den angeblichen Überfall.
Am nächsten Tag berichtete der Völkische Beobachter in gespielter Empörung über die Ereignisse der letzten Nacht: Die „die polnische Meute“ habe sich dazu hinreißen lassen, die Reichsgrenze zu überschreiten, einen deutschen Sender zu überfallen und „die Kriegsfackel an ein Pulverfass zu legen.“ Die Folgen dieser Tat, so urteilt der Völkische Beobachter fachkundig, müsse Polen später vor der Geschichte verantworten.
Am nächsten Tag, dem 1. September 1939, hielt Hitler eine Rede vor dem Reichstag. Er spricht den Überfall auf den Sender Gleiwitz nicht direkt an, bezieht sich aber auf zahlreiche angebliche Grenzüberschreitungen der Polen in den letzten Tagen:
„Diese Vorgänge haben sich nun heute Nacht abermals wiederholt. Nachdem schon neulich in einer einzigen Nacht 21 Grenzzwischenfälle waren, sind es heute Nacht 14 gewesen, darunter drei ganz schwere. (…) Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen. Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten.“
Beginn des Überfalls
Damit war der Beginn des Zweiten Weltkrieges besiegelt. Schon in den Tagen zuvor war die polnische Staatsführung über die deutschen Kriegsvorbereitungen und den massiven Aufmarsch der Wehrmacht an der Grenze unterrichtet. Trotzdem kam der Angriff in den frühen Morgenstunden des 1. September 1939 überraschend.
Um 4:45 Uhr eröffnete ein deutsches Marineschiff das Feuer auf polnische Befestigungen vor der Freien Stadt Danzig. Noch am selben Tag erklärte die deutsche Führung den Anschluss Danzigs an das Deutsche Reich.
Das Marineschiff Schleswig-Holstein beim Beschuss der Westerplatte, einer Halbinsel vor Danzig
Zwei Tage später, am 3. September 1939, erklärten Frankreich und Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg, womit sie ihren Beistandsverpflichtungen gegenüber Polen nachkamen.
Kriegsparteien und Bündnisse
zu Beginn des Zweiten Weltkrieges
Rot: die Westmächte (Großbritannien, Frankreich + Kolonien), Polen (Beistandsvertrag)
Blau: Das Deutsche Reich (+ angeschlossenes Österreich), die zerschlagene Tschechoslowakei
(Beim Klick auf die Grafik öffnet sich eine Animation über den Verlauf des Zweiten Weltkrieges)
Aufgaben
1. Für Polen war es seit dem 19. Jahrhundert schwer, seinen Status als eigenständige Nation zu verteidigen. Warum?
2. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt Polen seine staatliche Souveränität zurück. Welche Konflikte entstanden durch die neuen Grenzverläufe Polens?
3. Erstelle einen Zeitstrahl oder ein Flussdiagramm über die Zuspitzung des Konfliktes zwischen dem Deutschen Reich und Polen zwischen März 1939 und dem 1. September 1939.