Die Revolution trägt Früchte
Zu Beginn der Auseinandersetzung ging es den Abgeordneten des dritten Standes um kleine Verbesserungen und mehr Mitbestimmungsrechte. Weil der König und seine Anhänger sich nicht einmal mit diesen Forderungen befassten, wurden immer mehr Menschen wütend und begannen, das Machtgefüge insgesamt zu hinterfragen. Die Wut ergriff bald auch Angehörige des ersten und zweiten Standes und die Pariser Bevölkerung außerhalb der Versammlungsräume. Immer mehr Menschen dachten über politische Fragen nach, vertraten ihre Meinung und stellten Forderungen auf.
Höhepunkte der Revolution waren bisher
- die Gründung der Nationalversammlung,
- das Aufstellen einer eigenen Armee, der "Nationalgarde" und
- der Sturm auf die Bastille.
Doch wirkliche Ergebnisse konnten bis zum diesem Zeitpunkt noch nicht erzielt werden. Das sollte sich bald ändern...
1. Erste Beschlüsse
100 Abgeordnete beschweren sich, dass ihnen alles zu langsam voranginge. Sie wollen endlich konkrete Ergebnisse schaffen. Sie starten ein Überrumpelungsmanöver in der Nationalversammlung. In einer Nacht- und Nebelaktion treffen sie die folgenden Beschlüsse:
- Alle Frontdienste werden abgeschafft.
- Erster, zweiter und dritter Stand bekommen den gleichen Zugang zu Ämtern.
- Grundherren sind nicht mehr Richter in ihrem Gebiet.
- Der Kirchenzehnt wird abgeschafft.
- Ämterkauf wird verboten.
- Leibeigenschaft wird abgeschafft.
- Der erste und zweite Stand ist nicht mehr von der Steuerzahlung befreit.
- Der Adel verliert Vorrechte, wie z.B. das Vorrecht der Jagd und der Taubenzucht.
Das ist das Ende des Ständesystems! Dem Adel und der Kirche werden die Grundlagen ihres Wohlstandes entzogen. Auch alle Sonderrechte ihrer Stände werden aufgehoben. Von nun an gibt es die Stände-Einteilung nur noch auf dem Papier.
2. Die Erklärung der Menschenrechte
Nun geht es Schlag auf Schlag. Die einigt sich auf eine "Erklärung der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte". In 17 kurzen Artikeln werden allen Bürgern die gleichen Rechte und Freiheiten zugesichert:
- das Recht auf Eigentum,
- das Recht auf Sicherheit,
- das Recht, gegen Unterdrückung Widerstand zu leisten,
- Religionsfreiheit,
- Meinungsfreiheit und
- Pressefreiheit.
Die Parole lautet "Liberté – Égalité – Fraternité" - "Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit". Die Menschenrechte sind damals revolutionär. Sie bilden den positiven Höhepunkt der französischen Revolution. Bis heute sind diese Menschenrechte die Grundlage aller Verfassungen moderner Staaten!
Mit der Bekanntgabe der Menschenrechte handelt die Nationalversammlung nicht vorsichtig und ängstlich, sondern selbstbewusst und fordernd. Allerdings gelten die Rechte gemäß der damaligen Geschlechterrollen nur für Männer. Sehr radikal gesinnte Revolutionäre wenden ein, dass die Rechte doch auch für Frauen gelten müssten. Das lässt sich aber vorerst nicht durchsetzen.
Damit die Erklärung der Menschenrechte in Kraft treten kann, muss der König unterschreiben. Dieser weigert sich aber und sagt: "Niemals werde ich einwilligen, meine Geistlichen und meinen Adel zu berauben!"
3. Der Aufstand der Frauen
Die Pariser Frauen sind wütend: Wütend über die Weigerung des Königs, die Menschenrechte zu unterzeichnen und darüber, dass der König die Revolution in Versailles "aussitzt" und sich für die Ereignisse in Paris gar nicht interessiert. Die Frauen sind aber auch wütend über die anhaltende Hungersnot und die immer weiter steigenden Brotpreise. Mehrere tausend Frauen versammeln sich am 5. Oktober 1789 vor dem Pariser Rathaus. Sie beschließen, nach Versailles zu laufen und den König nach Paris zu holen. 15 000 Soldaten der Nationalgarde unterstützen die Frauen.
In Versailles empfängt der König die merkwürdige Wandergruppe. Die Frauen verlangen Brot und die Unterzeichnung der Menschenrechte. Der König verspricht Brotlieferungen und erkennt die Menschenrechte durch seine Unterschrift an.
Doch die Frauen lassen sich noch lange nicht abwimmeln! Über Nacht bleiben sie einfach vor dem Schloss stehen.
Am nächsten Morgen drängen die Frauen, mit Piken und Flinten bewaffnet, wieder auf das Schlossgelände. Sie verlangen vom König, dass er nach Paris umzieht. Der König beugt sich dem Druck der Menge und stimmt einem Umzug nach Paris zu - sofort und mit der ganzen Familie. Ein merkwürdiger Trupp setzt sich in Bewegung:
- vorne die Nationalgarde,
- dahinter die Frauen,
- dahinter die Getreidewagen und Kanonen,
- dahinter die königlichen Soldaten (entwaffnet),
- dahinter der König mit Familie,
- gefolgt von seinen Abgeordneten,
- zuletzt die riesige Volksmenge mit einigen Soldaten der Nationalgarde
Als der König in Paris ankommt, wird ihm mitgeteilt, dass er von nun an mit viel weniger Geld auskommen muss. Wie viel ihm genau zusteht, entscheidet die Nationalversammlung.
Trotzdem bleibt der König die zentrale Figur. Die Nationalversammlung stellt weder Ludwig den XVI. noch die Königsherrschaft insgesamt in Frage. Allerdings beginnen die Diskussionen darüber, wie genau der König in den neuen Staat eingebunden werden soll.
Schon allein aus taktischen Gründen ist die Nationalversammlung zunächst an einer guten Zusammenarbeit mit dem König interessiert. Denn die Arbeiten an einer neuen Verfassung laufen schon auf Hochtouren. Und ohne die Unterschrift des Königs kann eine neue Verfassung gar nicht in Kraft treten...
Die "Tuilerien", das Pariser Stadtschloss
(der neue Wohnort des Königs)
4. Die Umgestaltung von Kirche, Departements und Gericht
Nach dem turbulenten Jahr 1789 bessert sich mit Anbruch des neuen Jahres die Lage im Land. Dank einer guten Ernte gibt es genügend Getreide, so dass die Hungersnöte der Vergangenheit angehören. Frankreich schaut stolz auf die Ereignisse von 1789 zurück. Der Jahrestag des Sturmes der Bastille wird mit einem großen Volksfest gefeiert. Die Franzosen fühlen sich ihrem Vaterland verbunden wie nie.
Doch es gibt noch viel zu tun im "neuen" Frankreich". Zunächst müssen die Staatsfinanzen saniert werden. Dafür sieht sich die Nationalversammlung gezwungen, die Macht der Kirche weiter einzuschränken:
- Alle Kirchengüter werden verstaatlicht.
- Geistliche können keinen Kirchenbesitz mehr vermieten.
- Sie sind auf staatliche Besoldung angewiesen.
- Pfarrer werden nun gewählt.
- Pfarrer müssen in ihren Gottesdiensten die Beschlüsse der Nationalversammlung vorlesen.
Außerdem teilen sie Frankreich in neue Bezirke auf. Aus den 40 Bezirken, die Ludwig der XIV. bestimmt hatte, werden nun 83 "Departments". Anders als vorher gibt es jetzt keine bevorzugten Gebiete mehr. Alle Departements sind gleichgestellt.
Auch an den Gerichten sind Reformen notwendig. Bisher konnte man sich das Amt des Richters kaufen und brauchte, um Richter zu werden, keine juristische Bildung. Die Nationalversammlung setzt nun durch, dass Richter gewählt werden müssen und sich ihr Amt nicht mehr kaufen können. Um Richter zu werden, braucht man nun juristische Kenntnisse. Straffällige Personen bekommen das Recht, vor Gericht von einem Pflichtverteidiger vertreten zu werden.
5. Die Verfassung
Im Jahr 1791 ist es endlich so weit: Die vielen Ideen und Reformen bekommen mit einer verbindlichen Verfassung ein festes Fundament. Mit der Verfassung ändert sich die Regierungsform Frankreichs: Aus der absolutistischen Monarchie wird eine konstitutionelle Monarchie:
Aufgaben:
1. Notiere die 10 Menschenrechte so kurz wie möglich.
2. Untersuche den Aufbau des Staates nach der Verfassung von 1791, indem du die folgenden Fragen beantwortest:
a) Welche Voraussetzungen musste man erfüllen, um wählen zu dürfen?
b) Wen durften die Bürger, die das Wahlrecht hatten, wählen?
c) Die Verfassung sah Gewaltenteilung vor: Erkläre, wer für welche der drei Gewalten verantwortlich war.
d) Wie hieß die neue Staatsform Frankreichs?
e) Wie genau sah die Zusammenarbeit zwischen Nationalversammlung und König aus?
3. Beurteile die Verfassung. Was ist gut daran, was könnte aus heutiger Sicht noch verbessert werden?
<< zur Jahresübersicht << zur Übersicht "Französische Revolution" weiter zur nächsten Seite >>