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Der Aufstieg der USA zur Weltmacht
Mitte des 19. Jahrhunderts zog es tausende Europäer nach Nordamerika. Besonders arme und religiös verfolgte Europäer hofften, sich in der Ferne eine bessere Existenz aufbauen zu können. Die ersten Siedler ließen sich an der Ostküste nieder. Später ankommende Europäer zogen immer weiter westwärts.
Für die Ureinwohner Amerikas („Indianer“) hatte der Ansturm durch die Europäer dramatische Folgen. Sie wurden aus ihren Gebieten in kleine, schlecht nutzbare Zonen vertrieben.
Die europäischen Siedler gestalteten den nordamerikanischen Kontinent nach ihren Vorstellungen. Dazu gehörte die Errichtung eines demokratischen Systems mit einer Verfassung, in der für alle Bürger verbindliche Grundrechte festgeschrieben wurden.
Arbeit fanden die neuen Siedler in den Kupfer-, Zinn- und Zinkminen in den Rocky Mountains oder auf den texanischen Ölfeldern. Andere versuchten ihr Glück als Goldwäscher. Durch immer neue Einwanderungsströme musste das Eisenbahnnetz schnell ausgebaut werden, denn nur mit der Eisenbahn konnten die vielen tausend Kilometer vom Osten in den Westen überwunden werden. Im Jahr 1910 umfasste das Schienennetz schon 400000 Kilometer.
Die Wirtschaft boomt
Mit den Eisenbahnen konnten dann schwere Maschinen für die Landwirtschaft, den Bergbau und die Erdölförderung bis in den letzten Winkel der USA transportiert werden. Die Auto- und Elektroindustrie boomte. Großstädte wie Chicago, Philadelphia oder Los Angeles entwickelten sich in rasantem Tempo.
The „American Dream“
Vom Tellerwäscher zum Millionär - von diesem Aufstieg träumten alle, die nach Amerika aussiedelten. Theoretisch war so ein Aufstieg dort möglich, denn in Amerika herrschte der ungebremste Kapitalismus. Mit der richtigen Geschäftsidee und viel Glück konnte man schnell Millionär werden. Der Staat griff kaum in die Geschäfte seiner Bürger ein.
Doch der Reichtum des einen basierte oft auf der Ausbeutung anderer. Denn ein aufsteigender Unternehmer beschäftigte meist Fabrikarbeiter zu unmöglichen Bedingungen. Für die Arbeit in einer 72-Stunden-Woche verdiente ein Fabrikarbeiter oft nur einen Hungerlohn. Soziale Absicherung und Arbeitnehmerrechte, wie sie in Europa erkämpft wurden, gab es in den USA nicht. Für die große Gruppe der Arbeiterschaft blieb der "American Dream" unerfüllt.
Ölkönige und Stahlkönige
Das amerikanische Wirtschaftssystem förderte den Wettbewerbsgeist und das Konkurrenzdenken unter den Unternehmern. Mit den fragwürdigsten Methoden häuften diese schnell Reichtümer an.
Der „Ölkönig“ John D. Rockefeller kaufte zum Beispiel Konkurrenzunternehmen auf, bildete ein Monopol und schaffte es in kurzer Zeit, den Ölmarkt und die Ölpreise zu kontrollieren.
Andrew Carnegie, der mit 13 Jahren nach Amerika eingewandert war, stieg zum Stahlkönig auf. So äußerte er sich über den "Wettbewerb":
„Das Gesetz des Wettbewerbs mag zwar für den Einzelnen gelegentlich hart sein, für die Menschheit ist es jedoch zum Besten, weil es auf jedem Gebiet das Überleben der Tüchtigsten sicherstellt. Daher akzeptieren und begrüßen wir die große Ungleichheit der Lebensbedingungen, die Konzentration von Industrie und Handel in den Händen von wenigen und das Gesetz des freien Wettbewerbs zwischen ihnen, da sie für den künftigen Fortschritt der Menschheit nicht nur günstig, sondern notwendig sind.“
Die USA im Ersten Weltkrieg
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 verhielten sich die USA zuerst neutral. Im Jahr 1917 versenkte die deutsche Kriegsmarine Schiffe - darunter auch amerikanische Schiffe. Das nahm der Präsident Woodrow Wilson zum Anlass, auf der Seite der Alliierten in den Krieg einzutreten.
1917, im dritten Kriegsjahr, waren alle kriegsteilnehmenden Armeen deutlich gezeichnet. Die Soldaten kämpften mit ihren letzten Kräften. Der Bedarf an Waffen und Versorgungsgütern konnte kaum noch gedeckt werden, da die Produktion in der Heimat immer schwieriger wurde.
In dieser Situation kamen nun Tausende unversehrte und kampftaugliche amerikanische Soldaten in Europa an - und mit ihnen riesige Ladungen an Waffen und Versorgungsgütern. Durch die amerikanische Unterstützung konnten die Alliierten ihre letzten Schlachten erfolgreich kämpfen und den Mittelmächten die entscheidenden Niederlagen beibringen.
Nach ihrem erfolgreichen Kriegseintritt forderten die USA Einfluss auf dem europäischen Kontinent. 1918 legte Woodrow Wilson ein Friedensprogramm vor, in dem er unter anderem die Gründung eines Völkerbundes vorschlug. Dieser Völkerbund sollte zukünftig den Frieden sichern. Außerdem forderte Wilson, dass allen Völkern ein Selbstbestimmungsrecht zugesichert wird.
Das Ende des Höhenfluges
Durch den jahrelangen Wohlstand war Mitte der 1920er Jahre das Vertrauen in die Wirtschaft groß, so dass viele Amerikaner – Kleinanleger und Großinvestoren – rege an der Börse in Aktien (=Firmenanteile) investierten. Wer kein Geld zum Spekulieren hatte, nahm großzügig Kredite auf, um davon Aktien kaufen zu können. Schließlich könnte man doch den Kredit schon bald mit dem Börsengewinn zurückzahlen…
Durch das rege Kaufinteresse stiegen die Preise der Aktien rasant an und waren schnell nicht mehr durch reale Umsätze und Gewinne der Unternehmen gedeckt. Zu diesem Zeitpunkt stiegen die Aktienpreise aber noch weiter an. Denn die Investoren kauften Aktien, ohne sich über deren realen Wert Gedanken zu machen. Eine Spekulationsblase entstand, in der nicht vorhandenes Geld hin- und hergeschoben wurde.
Doch es gab nun viele Warnungen von Wirtschaftsexperten. Diese wiesen darauf hin, dass die derzeitigen Aktienwerte unrealistisch seien. Die Experten rieten den Anlegern, ihre Aktien genau jetzt zu verkaufen. Viele hielten sich an dieser Rat und verkauften ihre Aktien mit hohen Gewinnen.
Der unnatürlich schnelle Anstieg der Kurse auf der einen Seite, aber auch die plötzliche Verkaufswelle auf der anderen Seite verunsicherte viele Anleger. Das Interesse an Aktien ließ nach, weniger Leute kauften neue Aktien. Dadurch sank nun plötzlich der Wert der Aktien. Anleger beobachteten den Abfall der Aktienpreise sorgenvoll und bekamen Angst um ihre Einlagen.
Am 24. Oktober 1929, dem „Black Thursday“, spitzte sich die Situation an der New Yorker Börse dramatisch zu. Im Anbetracht des Kursabfalls wollten viele Anleger ihre Aktien nun schnell loswerden, notfalls eben zu einem sehr geringen Preis. Es kam zu einer Massenverkaufswelle. Eine Abwärtsspirale setzte sich in Gang. Die Aktienkurse sanken im Sturzflug, die Anleger reagierten panisch und verkauften ihre Aktien, wodurch die Aktienpreise immer weiter fielen. Das alles spielte sich innerhalb weniger Stunden ab. Am Abend des „Black Thursday“ belief sich der Wert vieler Aktien auf 10% ihres ursprünglichen Wertes.
Nun fiel das Kartenhaus zusammen. Menschenmassen stürmten die Banken und hoben ihre Ersparnisse ab. Das brachte die Banken an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Die Banken hätten nun die Ratenzahlungen der Leute gebraucht, denen sie für die Aktienkäufe Kredite gegeben hatten. Doch durch den Wertverlust der Aktien konnten die Kreditnehmer ihre Raten nicht mehr zahlen. Das trieb die Hälfte der amerikanischen Banken in den Ruin.
Viele Betriebe mussten ihre Produktion einstellen und ihre Angestellten entlassen. Innerhalb weniger Wochen fiel Amerika aus dem wirtschaftlichen Höhenflug in die „Great Depression“. Arbeitslosigkeit und Armut waren die Folgen - und das blieb für die nächsten zehn Jahre so.
Das Foto stammt aus dem Jahr 1937. Es zeigt Menschen, die nach einer Flutkatastrophe in Luisville nach Lebensmitteln und Wasser anstehen. Im Hintergrund ein damals typisches Plakat. Das Foto wurde von der Fotografin Margaret Burke-White für ein Buch über Armut aufgenommen.
Vom Black Thursday zum Black Friday
Die Wirtschaft war zum Zeitpunkt des New Yorker Börsencrashs schon so stark vernetzt und globalisiert, dass amerikanische Banken viele Kredite in europäische Staaten und Unternehmen vergeben hatten, auch bedingt durch den Ersten Weltkrieg. Nach dem Börsencrash kündigten die amerikanischen Banken nun innerhalb weniger Tage diese Kredite und zogen ihr Geld zurück - mit der Folge, dass schon am Freitag, dem 30. Oktober 1929, viele europäische Börsen zusammenbrachen. Auf den amerikanischen „Black Thursday“ folgte der europäische „Black Friday“.
Die amerikanische Krise weitete sich schnell zur Weltwirtschaftskrise aus. Für Deutschland war die Situation besonders dramatisch. Das Land hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg und den Bürden des Versailler Vertrags gerade einigermaßen erholt und rutschte nun in die nächste Krise.
Zusammenfassung
Um 1850 begann der Aufstieg der USA zur Wirtschaftsmacht. Dieser Aufstieg wurde durch das Vorhandensein von Erdöl, aber auch durch die unternehmerfreundliche Politik begünstigt. Nach der erfolgreichen Teilnahme der USA am Ersten Weltkrieg machte das Land Ansprüche in Europa geltend: Die USA forderten politische Mitbestimmung und knüpften lukrative Handelsbeziehungen. Als der wirtschaftliche Aufschwung der USA ein dramatisches Ende nahm, wurden Europa mit in den Abgrund gerissen.
Aufgaben:
1. Was war der American Dream? Für wen wurde er wahr und für wen nicht?
2. Was war die Rolle der USA im Ersten Weltkrieg? Welche Folgen hatte die Beteiligung am Krieg für die folgende Weltpolitik?
3. Erkläre den Börsencrash und seine Folgen, in dem du alle sechs Felder auf dem Arbeitsblatt ausfüllst.