Inhalte von Youtube werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf “Zustimmen & anzeigen”, um zuzustimmen, dass die erforderlichen Daten an Youtube weitergeleitet werden, und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in unserer Datenschutz. Du kannst deine Zustimmung jederzeit widerrufen. Gehe dazu einfach in deine eigenen Cookie-Einstellungen.
Die Machtergreifung
Am 30. Januar 1933 hatte Hitler es geschafft. Trotz großer Bedenken hatte sich der Reichspräsident Paul von Hindenburg dazu überreden lassen, Adolf Hitler, den Anführer der mächtigsten Partei im deutschen Reichstag zum Kanzler zu ernennen.
Die Ernennung fand in Berlin statt und wurde den ganzen Tag über bis spät in die Nacht von Hitlers Anhängern gefeiert.
Schon der Weg zur Reichskanzlei war von Menschenmassen gesäumt. Am Brandenburger Tor patrouillierten unzählige SA-Verbände. Nach der Ernennung konnte Hitler aus dem Fenster der Reichskanzlei seinen Anhängern zujubeln und für den Abend hatte Joseph Goebbels einen Fackelumzug der SA und SS organisiert, dem sich tausende begeisterte Bürger anschlossen.
Hitler auf dem Weg zur Vereidigung in die Reichskanzlei.
Aufmärsche der SA und SS am Brandenburger Tor.
Hitler jubelt von Fenster der Reichskanzler seinen Anhängern zu.
Der Fackelumzug von der Reichskanzlei in der Wilhelmstraße bis zum Brandenburger Tor.
Das Regierungskabinett
Dieses Ereignis wird heute als „Machtergreifung“ bezeichnet, obwohl damals von einer Machtergreifung noch gar nicht sprechen konnte. Denn Hitler wurde erst einmal „nur“ Reichskanzler einer Koalitionsregierung.
Der Reichspräsident von Hindenburg war absolut nicht einverstanden mit einem Reichskanzler Hitler und hatte einige Bedingungen gestellt, ehe er überhaupt bereit war, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Zum Beispiel verlangte von Hindenburg, dass das Regierungskabinett nicht nur aus NSDAP-Politikern bestehen dürfte.
Der ehemalige Kanzler Franz von Papen vermittelte zwischen Hindenburg und Hitler und half dabei, ein Kabinett zusammenzustellen, mit dem beide leben konnten:
Der Plan: "Erziehung" mit der Zangentaktik
Von den zehn Ministern waren nur 2 NSDAP-Politiker. Trotzdem war das Kabinett, mit dem Hitler arbeiten sollte, alles andere als ausgewogen. Alle Minister waren klar rechts orientiert. Zum Beispiel war Franz Gürthner schon viele Jahre als Justizminister in Bayern tätig und war dort verantwortlich für einen extrem nachsichtigen Umgang mit rechtsextremen Straftätern.
Trotzdem war Hitler zu Zusammenarbeit gezwungen und konnte sich nicht allein auf die Unterstützung seiner Partei verlassen. Hitler sollte so durch seine Minister in die Zange genommen werden, gezähmt werden und zum Staatsmann heranreifen.
Das war der Staat und das Machtgefüge, was Hitler vorgefunden hatte, als er das Amt des Reichskanzlers übernahm. Allerdings musste damals jedem klar sein, dass Hitler nicht bereit war, in diesem System seine zugewiesene Funktion zu erfüllen, dass er stattdessen das bestehende System umgestalten und abschaffen würde, um eine Alleinherrschaft zu errichten.
Die Auflösung des Reichstages
Schon einen Tag nach seiner Ernennung zum Reichskanzler verlangte Hitler vom Reichspräsidenten die Auflösung des Reichstages. Von Hindenburg war damit überhaupt nicht einverstanden, denn er hatte von Hitler verlangt, dass er mit dem Reichstag, so wie er ist, zusammenarbeiten sollte. Das war eine der Bedingungen, die Hindenburg gestellt hatte, um Hitler überhaupt zum Reichskanzler zu ernennen.
Auch der DNVP-Minister Alfred Hugenberg wehrte sich massiv gegen Neuwahlen. Er fürchtete, dass seine Partei noch weiter schrumpft, seine Wähler zur mächtigen NSDAP überlaufen. Doch Hitler setzt sich durch. Er versprach, an den Machtverhältnissen im Reichstag nichts zu verändern, egal, wie das neue Wahlergebnis ausfallen würde. Am 1. Februar verkündete von Hindenburg schließlich die Auflösung des Reichstages. Neuwahlen sollten am 5. März stattfinden, also in ca. 6 Wochen.
In diesen 6 Wochen betrieb die NSDAP wieder massiv Wahlkampf. Die Auseinandersetzungen mit Anhängern anderer Parteien verliefen wieder bürgerkriegsähnlich. Andere Parteien wurden im Wahlkampf eingeschränkt, Beamte, die Anhänger der Demokratie oder speziell der Sozialdemokratie waren, wurden aus dem Dienst entlassen. Hitler nannte diese ersten Maßnahmen „Säuberung der Staatlichen Verwaltung“.
Der Reichstagsbrand
Zwischen der Auflösung des Reichstages und den Neuwahlen ereignete sich eine Tragödie, die Hitler und die NSDAP geschickt für sich zu nutzen wussten und die den Nationalsozialisten in die Karten spielten: der Reichstagsbrand. In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 stand der Berliner Reichstag in Flammen. Mehrere Räume im Gebäude brannten, auch die Kuppel des Reichstages fing Feuer. Der Rauch war in der ganzen Berliner Innenstadt zu sehen.
Schnell wurde ein Tatverdächtiger gefasst: der holländische Kommunist Marinus von der Lubbe. Er gestand, den Brand verursacht zu haben und behauptete, der alleinige Täter gewesen zu sein. In den späteren Vernehmungen gab von der Lubbe sogar an, die Berliner Kommunisten hätte geahnt, dass er etwas Gefährliches plant. Da sie sowieso jeden Tag mit dem Verbot ihrer Partei rechneten, hätten sie den Kameraden inständig gewarnt, keine unüberlegten Aktionen zu begehen.
Doch Marinus von der Lubbe hätte sich, so behauptete er in seiner späteren Aussage, nicht von der Tat abbringen lassen. Bis zu seiner Hinrichtung blieb er bei der Version, den Reichstagsbrand allein verursacht zu haben, keine Mitwisser und keine Helfer gehabt zu haben.
Doch für die Nationalsozialisten sah die Sache anders aus: Sie beschuldigten ganz allgemein „die Kommunisten“, den Reichstag in Brand gesteckt zu haben.
Unter dem Vorwand, einen kommunistischen Umsturzversuch verhindern zu müssen, verhängte die Regierung einen Ausnahmezustand. Die Kommunistische Partei wurde verboten, die Sozialdemokratische Partei wurde mit harten Unterdrückungsmaßnahmen belegt. Adolf Hitler legte dem Reichspräsidenten eine offizielle „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ (auch „Reichstagsbrandverordnung“) vor, die dieser unterzeichnete.
Das waren die Inhalte der Reichstagsbrandverordnung:
- Das Verbot der KPD wurde vorbereitet.
- Die Machtmittel werden dem Reichskanzler und dem Innenminister direkt in die Hand gegeben, also am Reichspräsidenten vorbei.
- Die Meinungs-, die Presse-, die Versammlungs- und die Vereinsfreiheit werden stark eingeschränkt.
- Das Brief- und Fernmeldegeheimnis wird außer Kraft gesetzt.
- Die Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung wird aufgehoben.
- Die Strafen für bestimmte Delikte werden angehoben. Bei Hochverrat und Brandstiftung gilt ab jetzt die Todesstrafe.
- Für politische Gegner wird das Verfahren der „Schutzhaft“ eingeführt. Um diese anzuwenden, werden Konzentrationslager errichtet.
Diese Maßnahmen blieben bis zum Ende der Herrschaft der Nationalsozialisten bestehen.
Die Reichstagswahl am 5. März 1933
Das Verbot der KPD wurde so kurzfristig vor der Wahl beschlossen, dass Abgeordneten noch zur Wahl antraten und wählbar waren. Allerdings konnten sie dann nicht in den Reichstag einziehen. Stattdessen wurden ihre Stimmen annulliert, also für ungültig erklärt.
Die NSDAP erlangte zwar nicht die gewünschte alleinige Mehrheit, konnte aber mit der DNVP eine Mehrheit bilden, da beide Parteien zusammen auf 51,9% der Stimmen kamen.
Reichstagswahl November 1932
Reichstagswahl März 1933
Das Ermächtigungsgesetz
Nach der von Hitler erzwungenen Reichstagswahl im März 1933 zog die NSDAP mit deutlicher Übermacht in den Reichstag ein. Dieser war nun endlich wieder handlungsfähig. Die NSDAP und die Schwesterpartei DNVP hatten gemeinsam eine Stimmenmehrheit und hätten zusammen Gesetze auf den Weg bringen können - verfassungskonform und ohne die Zustimmung anderer Parteien.
Doch Hitler lehnte nach wie vor den Reichstag und das Prinzip der Mitbestimmung kategorisch ab. Er wollte diktatorische Vollmachten. Er wusste aber, dass eine Ausschaltung des Reichstages große Proteste ausgelöst hätte, vielleicht sogar einen Bürgerkrieg.
"Nur vier Jahre!"
Hitler griff zu einem Trick: Er behauptete, den Reichstag nur zeitlich begrenzt, für die Dauer von 4 Jahren, außer Kraft setzen zu wollen, damit die NSDAP Deutschland in dieser Zeit im Alleingang wieder aufbauen und reformieren könne. In einer Rede formulierte er pathetisch: „Deutsches Volk!“ Gib uns vier Jahre Zeit – und dann richte und urteile über uns!“
Die Abstimmung
Doch dem sogenannten Ermächtigungsgesetz, das den Reichstag ausschalten sollte, musste dieser selbst erst einmal zustimmen - und zwar mit einer 2/3-Mehrheit. Ein scheinbar unmögliches Unterfangen.
Am 23. März 1933 sollte die Abstimmung stattfinden. In der Zeit bis zur Abstimmung demonstrierte die NSDAP wieder ihre Macht durch SA-Aufmärsche und Straßenterror. Viele politische Gegner wurden inhaftiert und gefoltert, so dass sich nur noch wenige trauten, sich gegen das Ermächtigungsgesetz zu äußern.
Günstig wirkte sich für Hitlers Plan aus, dass die KPD schon verboten war und deshalb keine KPD-Abgeordneten mehr im Reichstag vertreten waren. Auch die SPD war minimiert: 26 Abgeordnete waren auf der Flucht oder inhaftiert. Rein rechnerisch benötigte Hitler für die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes nur noch die Zustimmung der beiden katholischen Parteien Zentrum und BVP.
Beide Parteien stimmten am 23. März für das Ermächtigungsgesetz. Warum? Sie glaubten, an den bestehenden Machtverhältnissen sowieso nichts ändern zu können. Sie glaubten, sich mit den Nationalsozialisten gutstellen zu müssen. Mit einer Zustimmung könnten sie, so die Hoffnung, wenigstens ein paar Zugeständnisse für die Kirche retten. Die NSDAP machte den beiden katholischen Parteien viele Versprechen, die aber nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes nichts mehr wert waren.
Aus den gleichen Gründen stimmten auch alle anderen Parteien außer der SPD für das Ermächtigungsgesetz. Die SPD stimmte geschlossen dagegen.
Das Ergebnis
Das Ergebnis der Abstimmung: 444 Ja-Stimmen, 94 Nein-Stimmen. Nach der Verabschiedungsgesetz konnten Hitler und seine Minister Gesetze und Verordnungen erlassen - ohne mehrheitliche Zustimmung des
Reichstages.
Eine mutige Rede gegen das Ermächtigungsgesetz -->
Die Gleichschaltung
Das erste Gleichschaltungsgesetz
- Einige Bundesländer standen noch nicht unter nationalsozialistischer Herrschaft:
- Hamburg
- Bremen
- Lübeck
- Sachsen
- Hessen
- Bayern
- Württemberg
- Baden
Am 5. März 1933 begann der Reichsinnenminister damit, in diesen Bundesländern Minister, Beamte und Abgeordnete aus der Regierung zu entfernen und durch vorübergehende „Kommissare“ zu ersetzen.
Das „Gesetz über die Gleichschaltung der Länder“ legte fest, dass die Länderparlamente im Verhältnis der Reichstagswahlergebnisse vom 5. März neu zusammengesetzt werden müssen. Das gleiche galt für die Verwaltungsgremien auf Kreis- und Gemeindeebene.
Dadurch konnten viele engagierte und aufstrebende Nationalsozialisten mit Ämtern und Posten versorgt werden.
Das zweite Gleichschaltungsgesetz
Am 7. April trat das zweite Gleichschaltungsgesetz in Kraft. Dieses regelte, dass in allen Bundesländern „Reichsstatthalter“ eingesetzt wurden. Diese wurden von Adolf Hitler bestimmt und mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet. Damit war die Gleichschaltung der Länder abgeschlossen, Hitler hatte auf der Ebene der Landespolitik keine Auflehnung mehr zu befürchten.
Kulturelle Gleichschaltung
Doch Gleichschaltung bedeutete außerdem die Kontrolle aller Lebensbereiche, auch der Freizeitaktivitäten der Deutschen. Im Buch "Februar 33" heißt es über eine Rede Hitlers vom 10. Februar 1933:
"Sein Ziel sei, hämmert er den Zuhörern ein, die "Wiederherstellung der Sauberkeit in unserem Volk. Sauberkeit auf allen Gebieten unseres Lebens, der Sauberkeit unserer Verwaltung, der Sauberkeit im öffentlichen Leben, aber auch der Sauberkeit in unserer Kultur." Hitler erklärte außerdem, er werde das Volk wieder beglücken mit einer wirklich deutschen Kultur, mit einer deutschen Kunst, mit einer deutschen Architektur, einer deutschen Musik, die unsere Seele wiedergeben soll." Im Buch "Februar 33" schreibt Uwe Wittstock: "Die Begriffe können gar nicht erhaben genug klingen: Ehrfurcht, Sauberkeit, Volk, Volkstum, völkisch, Volksgemeinschaft und immer wieder deutsch, deutsch, deutsch. Kein Wort darüber, dass ein homogenes, in wesentlichen Fragen gleichbestimmtes Volk gar nicht existiert, sondern die Bevölkerung des Landes sich längst aufgefächert hat in Klassen, Schichten, Milieus mit gegensätzlichen Interessen und Meinungen, zwischen denen Kompromisse ausgehandelt werden müssen." (Februar 33, S. 89)
Weil Hitler sich an der modernen Vielfalt störte, wurden nun alle Organisationen und Vereine im Land gleichgeschaltet. Das bedeutet, dass sie sich der Ideologie des Nationalsozialismus unterwerfen mussten und sich der Kontrolle durch den Staat aussetzten. Gleichschaltung bedeutete die komplette Übereinstimmung von Staat und Gesellschaft. Auf allen Ebenen sollte nur noch die NSDAP Macht haben und das Leben der Menschen bestimmen.
Der "Arierparagraph"
... galt zunächst nur für Beamte und Rechtsanwälte, wurde aber bald auch auf andere Berufsgruppen und auf Freizeitvereine ausgedehnt. Er regelte, dass nur noch Menschen "arischer Abstammung" Zugang zu Berufen, aber eben auch zu Freizeitvereinen bekamen. Jüdische Menschen wurden ausgeschlossen, so dass es spätestens jetzt vorbei ist mit der Gleichheit vor dem Gesetz.
Weitere Maßnahmen
Der Reichstag war für vier Jahre faktisch aufgelöst, zumindest konnte er keine Beschlüsse mehr fassen.
Die SPD hätte höchstens noch aus dem Untergrund oder aus dem Ausland Widerstand leisten können. Um dies zu verhindern, wurde die Partei am 22. Juni 1933 verboten. Die anderen Parteien rechneten mit einem ähnlichen Schritt und kamen mit ihrer Selbstauflösung ihrem Verbot zuvor.
Was passierte mit den Ministern, die ja zum großen Teil nicht aus der NSDAP kamen? Alfred Hugenberg (DNVP), der sich bis jetzt nicht unterkriegen ließ und keinen Konflikt mit Hitler scheute, wurde nun so in die Enge getrieben, dass er um seine Entlassung bat.
Einige Minister, die ihr Amt behalten wollten, traten nun in die NSDAP ein.Rechtsgesinnte Parteien schlossen sich mit der NSDAP zusammen, Parteien jenseits des rechten Spektrums lösten sich auf, um ihrem Verbot zu umgehen.
Vier Monate hatte Adolf Hitler gebraucht, um die Vielfalt an Lebensformen und Meinungen, das politische Kräftegleichgewicht und die Rechtssicherheit außer Kraft zu setzen und ein System der Alleinherrschaft zu installieren.