Die Schlacht um Stalingrad
Die Vorgeschichte
Nach erfolgreichen Blitzkriegen gegen Polen und gegen Frankreich startete Hitler im Sommer 1941 den Russlandfeldzug. Die erste Aufgabe der Wehrmacht war die Eroberung Moskaus. Nach einem anfänglich erfolgreichem Vormarsch blieben die Soldaten unter mittlerweile winterlichen Bedingungen 100 Kilometer vor Moskau stecken, so dass die Wehrmacht die Eroberung Moskaus aufgeben musste und den ersten Rückschlag erlitt.
In den Süden
Danach wurden die Armeen der Heeresgruppe Nord und Mitte in den Süden geschickt, wo einerseits die kaukasischen Ölfelder und andererseits die Stadt Stalingrad erobert werden sollten. Die Generäle vor Ort warnten Hitler eindringlich, die Armeen nicht auf zwei Fronten zu verteilen und wiesen auf die strategische Notwendigkeit der Eroberung der kaukasischen Ölfelder hin. Hitler bestand aber darauf, zeitgleich auch die Eroberung Stalingrades in Angriff zu nehmen. Nicht unbedeutend war dabei der Name und der Status der Stadt – Hitler hat es als bedeutsam empfunden, die russische Vorzeigestadt mit dem Namen seines Widersachers in Schutt und Asche zu legen.
In der Zange
So erreichte unter anderem die 6. Armee, geführt von General Paulus, Ende August 1942 Stalingrad. Die Eroberung ging zuerst gut voran. Bis November waren 90 Prozent der Stadt, die sich über 40 Kilometer an der Wolga entlang zog, eingenommen. Dafür mussten unzählige Häuser- und Straßenkämpfe geführt werden, die verlustreich und kräftezehrend waren.
Je länger die Schlacht lief, umso mehr profitierte die Rote Armee von ihrem „Heimvorteil“. Während die Deutschen an das Ende ihrer Kräfte kamen, konnten die Sowjets immer neue Kräfte nach Stalingrad schicken. Diese formierten sich im Nordwesten und im Süden zu einer zangenförmigen Großoffensive.
Innerhalb von drei Tagen wurde die deutsche 6. Armee und Teile anderer Armeen in einem ca. 40 mal 50 Kilometer großen Gebiet komplett eingekesselt und damit weitgehend von der Versorgung und vom Nachschub abgeschnitten.
Keinen Meter zurück
Für die Heerführer vor Ort deutete sich diese Katastrophe an, deswegen baten sie die deutsche Führung um die Erlaubnis, aus dem Kessel ausbrechen zu dürfen, solange dies noch möglich war. Dies hätte aber einen Verlust des zuvor gewonnenen Territoriums bedeutet und Hitler verbot streng, einmal erobertes Gebiet wieder aufzugeben. Damit war das Schicksal der eingekesselten Soldaten besiegelt.
Kein Nachschub
In seiner starren Haltung, keinen gewonnenen Meter wieder abzugeben, stützte Hitler sich auf die Aussage seines Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Hermann Göring. Dieser hatte versichert, die eingekesselten Truppen für die gesamte Dauer der Einkesselung aus der Luft versorgen zu können. Doch die ca. 400 Tonnen Nachschub pro Tag, die dafür erforderlich gewesen wären, konnten de facto nicht an einem einzigen Tag der Einkesselung geliefert werden.
Im Winter brach die Versorgung aus der Luft vollends zusammen. Schwer Verletzte konnten im Kessel nicht versorgt und auch nicht ausgeflogen werden.
Der Todeskampf
Ein Versuch, mit einer neu zusammengestellten Truppe von außen in den Kessel zu gelangen, um die eingeschlossenen Soldaten zu unterstützen, scheiterte am heftigen Widerstand der Roten Armee.
Für die panischen Soldaten im Kessel tat Hitler nichts anderes, als seinen Durchhaltebefehl zu wiederholen. Nun folgten grausame letzte Tage ohne warme Kleidung, ohne Munition, ohne ausreichend Nahrung und damit ohne Lebensenergie.
Am Ende lag die tägliche Lebensmittelration bei zwei Scheiben Brot und ein wenig Tee, manchmal gab es eine dünne Suppe.
Die Todesfälle wegen Erschöpfung, Unterernährung und Erfrierung häuften sich.
Bis zum 18. Januar 1943 mussten die deutschen Truppen auch ihre letzten Verteidigungslinien aufgeben und ins Innere der Stadt Stalingrad flüchten. Dort wurden sie in zwei Teilkessel gespalten.
General Paulus hatte gegenüber der Obersten Heeresleitung immer wieder auf die Ausweglosigkeit der Situation hingewiesen und um die Möglichkeit des Rückzuges gebeten, was immer wieder verwehrt wurde.
Die Kapitulation
Umso erstaunter war er nun, als ihn eine Beförderung erwartete: Hitler ernannte General Paulus zum Generalfeldmarschall! Wahrscheinlich tat er dies, damit Paulus nicht auf die Idee kam, eigenmächtig zu kapitulieren. Denn dass ein Generalfeldmarschall kapituliert, war noch nie vorgekommen und war nahezu undenkbar.
Der Plan ging nicht auf: Paulus kapitulierte am 31. Januar mit den letzten verbliebenen Einheiten im südlichen Kessel, zwei Tage später gaben auch die ausgezehrten Einheiten im Nordkessel auf. Dieser glich einem Trümmerfeld.
Die Bilanz
150000 deutsche Soldaten starben in Stalingrad in den Kämpfen, an Hunger und Kälte. Circa 90000 Soldaten kamen in sowjetische Gefangenschaft, wovon nur 6000 überlebten und nach Deutschland zurückkehrten – die letzten erst 1956. Auf sowjetischer Seite starben 400000 Soldaten.
Der Wendepunkt
Stalingrad brachte der Wehrmacht die erste deutliche und vernichtende Niederlage ein. Diese Niederlage markiert den Wendepunkt in diesem Krieg, denn die Rote Armee wurde nun zum bestimmenden Akteur. Neben den militärischen Folgen waren auch die Auswirkungen auf die Moral des deutschen Volkes gravierend. Obwohl den Soldaten verboten war, den Angehörigen von der dramatischen Situation zu berichten, ließen sich die vielen Toten nicht mehr lange vor dem deutschen Volk verheimlichen. Die dramatische Niederlage als Folge von Größenwahn und Fehlplanung mussten bei den Deutschen die Frage nach dem grundsätzlichen Sinn des Krieges aufwerfen. Auch die ganze nationalsozialistische Ideologie geriet ins Wanken. Wenn die Deutschen das überlegene Volk sind, deren natürliche Eigenschaften Sieg und Erfolg sind, warum erreicht die Wehrmacht jetzt nur Rückzüge und Niederlagen?
Die ersten Zweifel am „Endsieg“ kamen auf. Dass die deutsche Führung die Niederlage in Stalingrad als grandioses Heldenepos verkaufen wollte, änderte daran nichts.
Um das Volk ein weiteres Mal auf den Krieg einzuschwören, rief Joseph Goebbels in der Sportpalastrede am 18. Februar 1943 den „Totalen Krieg“ aus. Doch die Zweifel blieben. Immer häufiger las man nun an den Wänden in den deutschen Großstädten die Zahl „1918“ – als Mahnung an die Niederlage im Ersten Weltkrieg.
Ein Schicksal - Ekkehard Johler
In zahlreichen Tagebucheinträgen und Briefen dokumentierte der 1921 geborene Ekkehard Johler seine Jugend vor dem Krieg, seine Reise in den Russlandfeldzug und seine Erlebnisse an der russischen Front, speziell im Kessel von Stalingrad.
Sein Schicksal steht exemplarisch für zehntausende Soldaten...