Das Leben im Deutschen Kaiserreich

In den unruhigen Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen wurde oft sehnsuchtsvoll zurückgeblickt - in die "gute alte Kaiserzeit". Zu Recht?



Wie war die Gesellschaft im Kaiserreich aufgebaut?


1. Der Adel

Naturgemäß galt im Kaiserreich der Kaiser als oberste Autorität. Seine Entscheidungen wurden unwidersprochen hingenommen. Unter dem Kaiser war die Schicht der Adligen angeordnet, die im Kaiserreich immer noch eine große Rolle spielten. So waren Stellen in der staatlichen Verwaltung und im Militär fast ausschließlich mit Adligen besetzt. Die wirtschaftliche Grundlage einer Adelsfamilie war immer noch der ländliche Grundbesitz. Doch die Erträge aus der Verpachtung ihrer Ländereien investierten die Adligen zunehmend in die industriellen Fabriken in den Städten.

2. Das Bürgertum

Durch das Florieren großer industrieller Fabrikanlagen bildete sich eine neue Bevölkerungsschicht heraus: die der wirtschaftlich erfolgreichen und gut gebildeten "Großbürger". Dazu zählten Unternehmer, Kaufleute und Bankiers. 
Wer es geschafft hatte, eine Fabrikanlage aufzubauen und darin Waren produzieren zu lassen, konnte bald große Profite erwirtschaften. Nicht selten wurden diese Profite in den Aufbau einer weiteren Fabrikanlage investiert, so dass der Unternehmer Schritt für Schritt einen unermesslichen Reichtum erlangen konnte. Bankiers versorgten die Unternehmer mit Krediten zum Anschaffen der erforderlichen Maschinen. Kaufleute sorgten für den Verkauf der in den Fabriken erwirtschaftete Waren. 
Zugangsvoraussetzung zu dieser neuen Gruppe der Großbürger war Startkapital. Alles begann mit der ersten Fabrik oder mit dem ersten Kredit, den man vergeben konnte. Ohne Startkapital hatte man keine Chance, in die Gruppe der Großbürger aufzusteigen.
Die Großbürger orientierten sich am Lebensstil der Adligen und versuchten, diesen nachzuahmen. Ihre Anwesen ähnelten den adligen Herrensitzen. Fleiß, Disziplin, Sparsamkeit und Ordnungssinn galten als typische bürgerlich-deutsche Tugenden.

3. Die einfachen Arbeiter

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung bildeten die Unterschicht im Deutschen Kaiserreich. Sie bestand aus Fabrikarbeitern, Bergleuten, Heimarbeitern, Handwerksgesellen, Landarbeitern und Dienstboten.
Diese Menschen mussten ihren Lebensunterhalt schwer erarbeiten. Der Lohn der erwachsenen Familienmitglieder reichte meist nicht aus für die Ausgaben des täglichen Lebens, so dass auch die Kinder arbeiten mussten. Demzufolge konnten viele Kinder keine Schule besuchen. Ein guter Schulabschluss wäre aber die Grundlage für eine gute Ausbildung und einen gut bezahlten Beruf. Arbeiterkinder waren im Kreis der Armut gefangen... 

Eine tiefe Spaltung der Gesellschaft beginnt ...

Es formierten sich zwei gesellschaftliche Gruppen. 

Adlige und Personen des gehobenen Bürgertums wollten ihre Lebensumstände so behalten, wie sie waren und lehnten jegliche Veränderung ab. Sie träumten von einer Ausweitung der Macht des Kaiserreiches und von einem Kräftemessen mit anderen Nationen - durch Krieg. Sie liebten Militärparaden und die glanzvollen Auftritte des Kaisers und seiner Entourage.

Die zweite Gruppe bestand aus einfachen, schlecht bezahlten Arbeitern. Diese Menschen wünschten sich eine Änderung der bestehenden Lebensverhältnisse und ein politisches System, in dem ihre Sorgen endlich beachtet werden. Das letzte, was diese Menschen wollten, war Krieg. Auch für den Kaiserkult und Militärparaden hatte die Gruppe der einfachen Arbeiter kein Verständnis.
Mutige Sozialdemokraten begannen, für die Rechte der Arbeiter zu kämpfen. Dadurch fühlte sich die Gruppe der Adligen und Großbürger bedroht. Sie sprachen von der "roten Gefahr" und bezeichneten Sozialdemokraten als Reichsfeinde und als "vaterlandslose Gesellen".

Aufgabe

1. Zeichne eine Gesellschaftspyramide, die die Gesellschaft des Kaiserreiches darstellt. Deine Pyramide sollte die Größe einer A4-Seite haben. Trage für jede Gesellschaftsschicht wichtige Merkmale ein.

2. Kennzeichne in deiner Gesellschaftspyramide mit blau die Gesellschaftsschicht(en,) die eher konservativ sind. Kennzeichne mit Rot die Gesellschaftsschicht, die eher demokratisch orientiert ist. Begründe deine Kennzeichnung schriftlich.