NSDAP Teil 3
Im Reichstag
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Die nächste Talfahrt
Nach einer kurzen Phase des Aufschwungs verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation des Deutschen Reiches ab 1929 wieder. Auslöser war der Börsencrash in Amerika. Durch die Zahlungsschwierigkeiten vieler amerikanischer Banken zogen sie von heute auf morgen Kreditgelder aus dem Deutschen Reich ab und stürzten das Land dadurch in die nächste tiefe Krise.
Die Lage wurde zusätzlich verschlimmert durch die Agrarkrise im Norden. Die Arbeitslosenzahlen stiegen und belasteten die Sozialversicherungssysteme.
Reichstagswahl 1930
Die NSDAP gab an, die Schuldigen an der misslichen Lage zu kennen und die Lösungen für alle wirtschaftlichen Probleme zu haben. Es ist der Partei gelungen, die wirtschaftliche Krise für sich zu nutzen.
Mittlerweile hatte sie hunderttausende Unterstützer und Sympathisanten, die sie nun als Wählerschaft für die anstehende Reichstagswahl im September 1930 mobilisieren konnten. Die NSDAP brachte es bei dieser Wahl auf einen Stimmenanteil von 18,3%. Wähler aus allen sozialen Schichten haben für die NSDAP gestimmt, aber besonders viele Menschen aus dem Bürgertum, gar nicht mal aus der Arbeiterschaft, die der Partei ja dem Namen nach besonders am Herzen liegen soll. Das gute Ergebnis kam aber auch dadurch zustande, dass die NSDAP viele Nichtwähler mobilisieren konnte, die bis jetzt aus Protest gegen die Demokratie oder aus Ablehnung der wählbaren Parteien nicht gewählt haben.
Reichstagswahl 1930
Der Einzug in den Reichstag
Die NSDAP inszenierte ihren Einzug in den Reichstag als Siegeszug. Unter „Heil!“-Rufen von der Zuschauertribüne marschierten die Abgeordneten in geschlossener Formation ein, missachteten dabei das Uniformverbot und trugen einheitlich Braunhemden und Hakenkreuzbinden.
Die Abgeordneten der NSDAP sahen sich nicht als Parlamentarier, sondern als „Soldaten ihrer Bewegung, als Kameraden der braunen Armee des erwachenden deutschen Volkes“.
Fakt ist: Die Nationalsozialisten waren nun im Herzen des verhassten Parteienstaates angekommen und konnten beginnen, diesen von innen heraus zu zerstören.
Als zweitstärkste Fraktion nach den Sozialdemokraten hatte die NSDAP-Fraktion großen Einfluss auf das Geschehen im Reichstag. Sie war in allen Ausschüssen maßgeblich vertreten und nutzten ihren Einfluss, um die parlamentarische Arbeit zu behindern.
Reichskanzler Heinrich Brüning
Schon seit März war Heinrich Brüning Reichskanzler und hatte unglaublich schwierige Aufgaben zu bewältigen. Aufgrund der desaströsen wirtschaftlichen Lage des Deutschen Reiches musste Brüning es schaffen, den Staatshaushalt zu sanieren.
Dafür erließ er ein umfangreiches Sparprogramm. Dieses hatte aber zur Folge, dass ausländische Investoren ihre Investitionen aus Deutschland abzogen. Außerdem hoben Privatpersonen ihre Ersparnisse ab. Es kam zur Bankenkrise, bei der die Schalter mehrerer Banken für mehrere Tage geschlossen blieben.
Von der Demokratie zur Präsidialregierung
Das bisherige Gesetzgebungsverfahren sah so aus, dass der Reichskanzler Gesetzesvorschläge in den Reichstag zur Abstimmung gab und das Gesetz dort beschlossen wurde. Doch die Parteien im Reichstag waren so zerstritten, dass dort keine Mehrheiten mehr zustande kamen. In diesem Fall sah die Weimarer Verfassung vor, dass man den Reichstag übergehen konnte. Dann ging der Reichskanzler mit seinem Gesetzesvorschlag zum Reichspräsidenten und dieser unterzeichnete gemäß §48 eine Notverordnung. Die Zustimmung des Reichstages war dann nicht mehr notwendig. Akzeptierte der Reichstag die Notverordnung nicht, konnte der Reichspräsident den Reichstag einfach auflösen und Neuwahlen anordnen.
So funktioniert die Gesetzgebung in der Demokratie.
So funktioniert die Gesetzgebung in der Präsidialregierung.
Jedes einzelne Übergehen des Reichstages wurde zwar als einmalige Notlösung erklärt. Doch die Notverordnung wurde gängige Praxis. In den folgenden 3 Jahren wurden 60 Notverordnungen erlassen. Es kam bis zum Ende der Weimarer Republik nie wieder zu einer erfolgreichen Arbeit im Reichstag. Damit war die Demokratie mit der ersten Notverordnung Brünings eigentlich zu Ende, es begann die Zeit der Präsidialregierungen, der Zusammenarbeit und Abhängigkeit zwischen Reichskanzler und Reichspräsident.
Hitler will Reichspräsident werden
Im Juli 1931 geht die Amtszeit des Reichspräsidenten zu Ende. Heinrich Brüning will dem mittlerweile 84 Jahre alten Hindenburg einen anstrengenden Wahlkampf ersparen, ihn aber im Amt halten. Also beantragt Brüning einer Verlängerung der Amtszeit Hindenburgs. Das lehnt die NSDAP aber ab und stellt stattdessen Adolf Hitler als Kandidaten auf. Um überhaupt gewählt werden zu können, bekommt Hitler in einer Nacht- und Nebelaktion die deutsche Staatsbürgerschaft übertragen.
Eine paradoxe Situation: Der Mann, der "das System" abgrundtief hasst, will sein wichtigster und mächtigster Repräsentant werden. Spätestens ab jetzt kämpft Hitler mit offenem Visier in der nationalen Arena und signalisiert Machtanspruch auf Reichsebene.
Hitler führt einen harten und schmutzigen Wahlkampf gegen von Hindenburg, den er 1925 noch ins Amt gehoben hat, der jetzt aber sein Konkurrent ist.
Die NSDAP stellt im Wahlkampf von Hindenburg als den Repräsentanten des verhassten Systems dar. Trotzdem bekommt Hindenburg im ersten Wahlgang 49,6% der Stimmen, Hitler nur 30,1%. Da Hindenburg keine absolute Mehrheit erhält, ist ein zweiter Wahlgang notwendig.
In der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang betreibt Hitler einen massiven Wahlkampf. Mit dem Flugzeug reist er von einer Massenveranstaltung zur anderen und mobilisiert so deutschlandweit seine Wählerschaft. Im zweiten Wahlgang sind dann nur noch die beiden Favoriten im Rennen. Von Hindenburg brachte es nun auf 53%, Hitler auf 36,8% der Stimmen. Somit wurde von Hindenburg als Reichspräsident bestätigt.
Reichskanzler Brüning tritt zurück
Im Mai 1932 kommt es zum totalen Zerwürfnis zwischen Brüning und Hindenburg.
Bis jetzt wurden große Summen als Hilfsgeldern für Landgüter im Osten gezahlt. Aufgrund der desolaten finanziellen Situation des Reiches will Brüning diese Hilfszahlungen nun kürzen. Hindenburg reagiert äußerst empört – denn er besitzt selbst ein großes Landgut im Osten. Er weigert sich, die erforderliche Notverordnung zu unterzeichnen und überhaupt in Zukunft noch irgendeine Notverordnung für Brüning zu unterzeichnen. Das führt dann unweigerlich zum Rücktritt Brünings, der ja ohnehin keine arbeitsfähige Regierung hat und auf Hindenburgs Notverordnungen angewiesen ist.
Franz von Papen als neuer Reichskanzler
Im Juni 1932 wird Franz von Papen, ein enger Vertrauter von Hindenburgs, neuer Reichskanzler. Er macht sofort großzügige Zugeständnisse an die NSDAP, zum Beispiel hebt er das Verbot von SA und SS auf und auch das Uniformverbot.
Reichstagswahl im Juli 1930
Außerdem setzt er Neuwahlen für einen neuen Reichstag an. Hitler betreibt in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Neuwahl einen massiven Wahlkampf. Per Flugzeug besucht er Kundgebungen in 50 Städten und spricht vor 2 Millionen Menschen.
Der Aufwand lohnt sich. Die NSDAP konnte ihr Ergebnis seit der letzten Wahl fast verdoppeln auf 37,3%.
Die SPD ist nun erstmals seit Bestehen der Weimarer Republik nicht mehr die stärkste Partei. Mit 21,6% fällt sie auf den zweiten Rang ab.
Hermann Göring wird neuer Reichstagspräsident. Dieser tut nicht mal so, als würde er sein Amt unparteiisch ausüben. Zum Beispiel hätte die SPD als zweitstärkste Partei das Recht, den stellvertretenden Reichstagspräsidenten zu ernennen. Herrmann Göring verweigert der SPD aber dieses Recht und ernennt eigenständig Stellvertreter aus anderen Parteien.
Regierungsbildung unmöglich
Die NSDAP hätte nun als stärkste Kraft die Möglichkeit - oder sogar die Pflicht -, im Reichstag eine Regierung zu bilden. Denkbar wäre eine Koalition aus der NSDAP und der Zentrumspartei, da diese beiden Parteien zusammen über 50% kommen würden. In den Koalitionsverhandlungen stellt die NSDAP aber derart hohe Verantwortungen, dass die Verhandlungen schnell als gescheitert abgebrochen werden. Unter anderem verlangt Adolf Hitler für sich selbst das Amt des Reichskanzlers. Das alte Spiel geht weiter, Franz von Papen will über Notverordnungen regieren, der Reichstag lehnt das ab und wird wieder aufgelöst, was die nächsten Neuwahlen bedeutet.
Schon wieder Neuwahlen
Nach nur 4 Monaten finden also schon wieder Wahlen statt, die Ergebnisse zeigen leichte Verschiebungen. Die NSDAP verliert einige Stimmen und fällt auf 33,1%, ist aber immer noch stärkste Partei. Mit dem neuen Ergebnis ist die Regierungsbildung noch schwieriger als vorher.
Der Reichskanzler Franz von Papen sieht keine Möglichkeit, eine Regierung zu bilden und tritt zurück.
Kurt von Schleicher neuer Kanzler
Kurt von Schleicher wird sein Nachfolger und kann die Regierung auch nicht aus der Sackgasse herausführen. Er plant nun die nächste Auflösung des Reichstages, will aber die Neuwahlen nicht gleich im Januar, sondern erst später im Dezember.
Dafür müsste der Reichspräsident den Reichsnotstand verhängen. Das lehnt von Hindenburg aber ab und das bedeutet schon wieder das Ende für den nächsten Reichskanzler – Kurt von Schleicher tritt zurück.
Regierungsverantwortung für die NSDAP
Immer lauter werden nun die Forderungen an die NSDAP, die Regierungsbildung an die Hand zu nehmen, um überhaupt wieder aus der Pattsituation herauszukommen, die jetzt schon seit mehreren Jahren besteht und das Reich immer tiefer in den Abgrund zieht. Sogar SPD-Leute sprechen sich mittlerweile dafür aus, der NSDAP Regierungsverantwortung zu übertragen.
Währenddessen hatte Hitler die wichtige Gruppe der Großindustriellen hinter sich gebracht. Diese wollten Hitler und die NSDAP zuerst nicht unterstützen, da die Partei ja angeblich dem Namen nach auf der Seite der Arbeiter stand. Hitler konnte aber auf einer Veranstaltung den Vertretern der Großindustrie alle Ängste nehmen und versichern, dass er, wenn er Regierungsverantwortung hat, die Interessen der Großindustrie wahren wird. Nach dieser Zusicherung setzen sich auch einflussreiche Industrielle für einen Reichskanzler Adolf Hitler ein.
Nur Hindenburg scheint noch gegen diesen Plan zu sein. Er trägt Hitler immer noch nach, dass dieser gegen ihn so einen schmutzigen und bösen Wahlkampf geführt hatte, als beide Reichspräsident werden wollten. Hindenburg stellt nun Bedingungen auf:
- Hitler könne nur Reichskanzler einer Regierung werden, die vom Parlament getragen wird.
- Außerdem verlangt von Hindenburg ein ausgewogenes Regierungskabinett, also Minister aus verschiedenen Parteien, allerdings nur aus rechtsorientierten Parteien. Nur zwei Minister dürfen aus der NSDAP sein.
Adolf Hitler wird Reichskanzler
Nachdem die NSDAP diese Bedingungen akzeptiert hat, gibt Hindenburg dem öffentlichen Druck nach und ernennt Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler.
Hitler ist nun aber noch lange nicht am Ziel, er ist nicht Alleinherrscher über das Deutsche Reich, wie er es anstrebt, sondern er ist Kanzler einer Koalitionsregierung. Im Deutschen Reich gibt es viele Skeptiker und Leute, die die Machenschaften der NSDAP kritisch sehen. Auch die Reichswehr und die Kirchen stehen nicht hinter dem neuen Kanzler und seiner Partei. Hitler stand nun vor der schweren Aufgabe, das Land aus der Krise und die Regierung aus der Sackgasse zu holen.
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