Das Lehnswesen
Karl der Große hatte ein riesiges Land, das Frankenreich zu regieren. Zwar hatte er es in Bezirke eingeteilt und Pfalzgrafen ernannt. Beim genauen Hinsehen war das System aber viel komplizierter...
Karl stand als König ganz oben an der Spitze der Gesellschaft und hatte die größte Macht. Prinzipiell gehörte dem König alles, deswegen war er der oberste Lehnsherr.
Er allein durfte Gesetze erlassen und über Krieg und Frieden entscheiden. Doch er konnte sein riesiges Reich nicht allein regieren. Deshalb holte er sich Unterstützung von den reichen und mächtigen Adligen in seinem Bereich, also zum Beispiel von den Herzögen. Für Karls viele Feldzüge mussten ihm die Herzöge schwer bewaffnete Krieger, oft sogar ihr ganzes Heer zur Verfügung stellen und ihn auch selbst unterstützen.
Doch Karl brauchte auch die Hilfe der kirchlichen Würdenträger, zum Beispiel der Bischöfe. Sie mussten überwachen, dass die Anordnungen des Königs im ganzen Land umgesetzt wurden. Die Bischöfe übernahmen wichtige Ämter und übten die Ämter im Sinne des Königs aus.
Doch Bischöfe und Herzöge verlangten natürlich von Karl eine Gegenleistung für ihre Dienste. Karl entschied sich, ihnen als Gegenleistung Land zu verleihen. Außerdem versprach der König Schutz und Treue. Diese „Pakete“ aus Land, Schutz und Treue nennt man Lehen.
So bekamen die Herzöge und Bischöfe vom König ganze Landstücke mit fruchtbarem Ackerland verliehen, manchmal sogar mit ganzen Dörfern oder Klöstern – auf Lebenszeit. Sie durften diese Landstücke nutzen. Ihnen gehörten alle Erträge, die auf diesem Land erzielt wurden.
Durch die übernommenen Ämter und das erhaltene Land bekamen die Herzöge und Bischöfe viel Macht. Weil sie ihre Lehen direkt vom König bekamen, wurden sie als Kronvasallen bezeichnet.
Natürlich konnten die Kronvasallen ihre Felder nicht selbst bestellen. Deswegen gaben sie es an Äbte weiter, wenn sie ihre Hilfe brauchten. Oder an Ritter, die besonders tapfer gekämpft haben. Für das verliehene Land mussten die Ritter und Äbte natürlich auch wieder Amts- und Kriegsdienste leisten, die Kronvasallen beraten und unterstützen. So wurden sie zu Untervasallen.
Doch auch Ritter und Äbte wollten nicht auf dem Feld arbeiten. Deshalb gaben auch sie das geliehene Land weiter nach unten ab – an die Hörigen und die leibeigenen Bauern.
Die Bauern waren es, die nun wirklich auf dem Feld arbeiteten und die Ernte sicherstellten. Von dem, was die Bauern ernteten, mussten Ritter, Äbte, Herzöge, Bischöfe und der König sattwerden – natürlich mit der ganzen Gefolgschaft… Hörige und leibeigene Bauern mussten also als Gegenleistung für das geliehene Land Frondienste (=Arbeitsdienste) und Abgaben leisten. Sie mussten fast alle Erträge abgeben und selbst oft Hunger leiden. Sie arbeiteten nicht nur auf dem Feld, was ihnen selbst verliehen wurde. Wenn der Untervasall es verlangte, mussten die Bauern auch für andere Arbeiten zur Verfügung stehen.