Schule in der DDR
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Das "Lied vom kleinen Trompeter" wurde sehr oft am Stundenanfang gesungen, vor allem in der Unterstufe.
Grundsätzliche Ausrichtung
Von Anfang an war das Schulsystem der DDR auf eine Einheitsschule ausgerichtet, in der alle Schüler gleich behandelt und gleichermaßen gefördert werden sollten.*
Das Schulsystem wurde 1946 auf den Weg gebracht und danach nur zweimal reformiert: 1959 und 1965.
Das Bildungsmonopol lag beim Staat, also bei der SED. Die Partei organisierte das Bildungswesen zentralistisch. Das bedeutete, dass Lehrpläne und Richtlinien für das gesamte Land galten.
Von 1963 bis 1989 war Margot Honecker, die Ehefrau des Staatsoberhauptes Erich Honecker, Volksbildungsministerin.
Bildungs- und Erziehungsziele
Das höchste Bildungsziel war die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit. Die Schüler sollten „vollwertige Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft werden“ und sich mit dem Staat identifizieren. Demzufolge war das Schulsystem bzw. die Lerninhalte von der sozialistischen Ideologie durchtränkt und militärisch orientiert.
Nur wer sich uneingeschränkt zum Sozialismus bekannte und sich bei allen schulischen und außerschulischen Aktivitäten engagierte, bekam Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen. Auch an den Hochschulen unterstanden Bildung und Forschung der sozialistischen Doktrin. Hier sollte eine parteitreue Machtelite herangezogen werden. Der Staat entschied, wer überhaupt studieren durfte.
Das Ministerium für Staatssicherheit kontrollierte durch sein dichtes Netz an Informanten die Linientreue der Schüler und Lehrer.
Das Schulsystem
Die POS
Die POS (Polytechnische Oberschule) war der grundlegende Schultyp der DDR. Mit sechs oder sieben Jahren wurden die Kinder nach einer Schultauglichkeitsprüfung eingeschult.
Die POS gliederte sich in:
- die Unterstufe (1. bis 4. Klasse) und
- die Oberstufe (5. bis 10. Klasse).
Die Unterrichtsfächer an der POS
Die Fächer der Unterstufe:
Mathematik, Deutsch, Musik, Kunsterziehung, Heimatkunde und Sport.
Die zusätzlichen Fächer der Oberstufe:
- ab der 5. Klasse: Russisch, Geschichte, Biologie und Geografie,
- ab der 6. Klasse: Physik,
- ab der 7. Klasse: Chemie und Staatsbürgerkunde, (außerdem Englisch oder Französisch, aber nur fakultativ am Nachmittag),
- ab der 9. Klasse: Wehrkunde-Unterricht und
- ab der 10. Klasse: Astronomieunterricht.
Heimatkunde
Wie in jeder Diktatur war der Unterrichtsstoff von der Ideologie durchsetzt und oftmals verzerrt. Schon der "Heimatkunde"-Unterricht in der Unterstufe enthielt viele politische und geschichtliche Themen .
Die Themen
Einführung in das gesellschaftliche Leben
Schule und Heimatort
Unser Heimatkreis
Vorbereitung der Jungpioniere auf ihre Aufnahme als Thälmannpioniere
8. Mai - Tag der Befreiung vom Faschismus
Kenntnisse über die Natur - Naturbeobachtungen
Pflanzen und Tiere unserer Heimat
Vom Wetter und Wetterbeobachtungen
Zur gesunden Lebensweise und
Verkehrskunde - Verkehrserziehung
Sogar Landkarten im Geografieunterricht waren ideologisch gefärbt. Sie zeigten z.B. keine Bodenschätze in der BRD an und erweckten den Eindruck, dass nur die DDR über Bodenschätze verfügt.
Der Russischunterricht bestand zu einem großen Teil aus Landeskunde, wobei die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Sowjetunion überhöht dargestellt wurde.
Grundsätzlich gilt: Wenn sich im Unterricht DDR-Ideologie einbauen ließ, wurde dies gemacht. Für den Schüler war kaum zu unterscheiden, an welcher Stelle er faktisches Wissen vermittelt bekam und an welcher Stelle er mit verzerrten Darstellungen konfrontiert wurde. Fakten und Färbungen waren bis zur Unkenntlichkeit miteinander verwoben.
Staatsbürgerkunde
Der Staatsbürgerkunde-Unterricht ab der 7. Klasse war der Gipfel der Indoktrinierung. Hier wurde keine Propaganda eingewoben, sondern der komplette Unterricht war eine reine Propaganda-Veranstaltung. Ziel des Unterrichts war, dass die Schüler ein „gefestigtes Klassenbewusstsein“ ausprägen, sich zum „Arbeiter- und Bauernstaat“ bekennen und bewusste Staatsbürger werden.
Um das zu erreichen, wurden Sachverhalte im Unterricht verkürzt, verzerrt oder komplett falsch dargestellt.
Ganz wichtig war im Staatsbürgerkundeunterricht, das sozialistische System als dem kapitalistischen System überlegen darzustellen und den Sieg des Sozialismus als unausweichlich darzustellen. Wichtige Themen waren außerdem die „unverbrüchliche Freundschaft“ der DDR mit der Sowjetunion. Die „herrschenden Klassen“ der USA und der BRD wurden als Klassenfeinde dargestellt.
Die Schüler hatten den Unterrichtsstoff unhinterfragt aufzunehmen. Diskussionen, kritische Fragen oder Bemerkungen waren nicht erwünscht.
- Nur wer sich rege am Staatsbürgerkunde-Unterricht beteiligte und die gewünschten Parolen inbrünstig aufsagte, hatte eine Chance auf Abitur und Studium.
- Wer im Staatsbürgerkunde-Unterricht schwieg, bereitete sich auf einen unspektakulären Lebensweg an einem Fabrikfließband vor.
- Wer die Parolen hinterfragte und Kritik äußerte, geriet direkt ins Visier der Stasi – und seine Eltern auch.
Kleiner Exkurs: Das Kinderlexikon
Was machte man, wenn man als Schüler zuhause etwas herausfinden oder nachschlagen wollte? Es gab noch kein Internet. Also musste man auf Bücher zurückgreifen. In jedem Kinderzimmer fand man das Kinderlexikon "Von Anton bis Zylinder - das Lexikon für Kinder." Hier einige Einträge, die man in der Ausgabe des Jahres 1972 findet.
Zurück zum Schulsystem: Das Zeugnis der POS
Es gab die Noten 1 (sehr gut) bis 5 (ungenügend). Auf dem Zeugnis standen neben den Halbjahres- oder Endjahresnoten auch die sogenannten Kopfnoten in Betragen, Ordnung, Fleiß und Mitarbeit (bis 1978 auch noch Gesamtverhalten). Am Schuljahresende gab es zusätzlich eine ausführliche textliche Beurteilung. Eine Fünf oder mehrere Vieren verhinderten die Versetzung in die nächsthöhere Klasse.
Der Schulalltag an der POS
Ritual am Stundenanfang
Beim Eintreten des Lehrers hatten die Schüler aufzustehen und abzuwarten, bis sie zum Sitzen aufgefordert wurden.
Zum Stundenbeginn hatte ein vorher festgelegter Schüler zum Lehrer zu gehen und folgende Mitteilung zu machen: „Herr / Frau …, ich melde, die Klasse … ist zum Unterricht bereit.“ Dazu wurde der Pioniergruß gezeigt (rechte Hand mit geschlossenen Fingern über den Kopf erheben).
Danach folgten weitere Pioniergrüße:
Lehrer: „Für Frieden und Sozialismus, seid bereit!“ Klasse: „Immer bereit!“ (in kleineren Klassen)
Lehrer: „Freundschaft!“ Klasse: „Freundschaft!“ (in höheren Klassen)
Der Appell
Zu Beginn und Ende des Schuljahres und zu besonderen Ereignissen fanden auf dem Schulhof Appelle statt. Hierfür hatten die Schüler in Hufeisenformation anzutreten. Die Gruppenratsvorsitzenden der Klassen sicherten einen geordneten Ablauf und diszipliniertes Verhalten.
Beim Apell wurden Fahnen gehisst, sozialistische Lieder gesungen, Gedichte vorgetragen und Leistungsabzeichen verliehen. Es kam auch vor, dass Schüler wegen Verhaltensauffälligkeiten vor der ganzen Schule gerügt wurden.
Schul- und Pionierleiter informierten beim Appell über anstehende Termine, Pläne und Vorhaben.
Beim Appell war es zwingend erforderlich, seine Pionier- oder FDJ-Kleidung zu tragen.
Die Unterrichtszeiten an der POS
Ein Unterrichtstag bestand im Schnitt aus sechs Unterrichtsstunden. Pro Woche gab es sechs Unterrichtstage, denn auch der Samstag war ein Schultag. Die unteren Klassenstufen hatten 2 bis 3 Unterrichtsstunden und die oberen Klassenstufen maximal 5 Unterrichtsstunden. Ab der 7. Klassenstufe gab es an manchen Schultagen die „nullte“ Stunde, so dass die Schule schon um7 Uhr oder noch früher begann. Unterrichtsende war in der Regel zwischen 13 und 14 Uhr.
Ferien
Das Schuljahr begann immer am 1. September. Es gab 2 Wochen Herbstferien, drei Wochen Winterferien und acht Wochen Sommerferien.
Außerdem gab es Weihnachtsferien, die aber wegen der Religionsfeindlichkeit in „Ferien zum Jahreswechsel“ umbenannt wurden, und Osterferien, die aus dem gleichen Grund „Frühjahrsferien“ hießen.
Abschlüsse
Die Abschlussprüfungen erfolgten in den Fächern Russisch, Deutsch, Mathematik und einer Naturwissenschaft (Physik, Biologie oder Chemie) sowie einer Sportprüfung und zwei bis fünf mündlichen Prüfungen.
Das Abschlusszeugnis nach zehn Jahren an der POS entsprach unserem heutigen Realschulabschluss. Dieses berechtigte zur Aufnahme einer Berufsausbildung und zum Studium an einer Fachschule.
Auf Antrag der Eltern war es möglich, die POS nach der 8. oder (selten) nach der 9. Klasse zu verlassen. Die Schüler erhielten in dem Fall ein Abgangszeugnis, welches unserem heutigen Hauptschulabschluss entspricht. Damit konnte man eine Berufsausbildung in den Bereichen Industrieproduktion, Handwerk oder Landwirtschaft absolvieren konnte. Diese dauerte ein Jahr länger als mit dem Abschluss der 10. Klasse.
Die EOS
Weiterhin gab es die Möglichkeit, auf einer gesonderten Schule, der EOS, das Abitur zu erwerben. Man wechselte nach der achten Klasse, später nach der zehnten Klasse an die EOS und blieb dort bis zur 12. Klasse. Das wurde weitaus nicht jedem Schüler gewährt. Voraussetzungen waren:
- gute schulische Leistungen,
- der Berufswunsch,
- politische Linientreue und
- soziale Herkunft der Eltern („Arbeiterklasse“).
Es wurden nur so viele Schüler zum Abitur zugelassen, wie später Studienplätze vorhanden waren bzw. besetzt werden sollten.
Das bedeutete, dass 7-10% der Schüler eines Jahrgangs den Sprung an die EOS schafften. Diese erhielten eine monatliche Ausbildungsbeihilfe von 100 Mark in der 11. Klasse und 150 Mark in der 12. Klasse.
Nach Absolvieren der zehnten Klasse gab es die Möglichkeit, für zwei Jahren an die EOS zu gehen und dort das Abitur zu erwerben.
Auch nach einer dreijährigen Ausbildung in bestimmten Berufen bestand die Möglichkeit, das Abitur abzulegen.
Das Studium
Mit dem Abitur konnte dann ein Studium begonnen werden. Für jeden Abiturienten war ein Studienplatz vorhanden – allerdings nicht unbedingt in der gewünschten Fachrichtung.
Vor dem Antritt des Studiums hatten die Jungen jedoch den Wehrdienst abzulegen – und zwar drei Jahre lang (ohne Studium 1,5 Jahre).
Die Wehrerziehung
Die Wehrerziehung dient dazu, bei den Kindern das Bewusstsein für eine Bedrohungslage zu schaffen und sie auf einen späteren militärischen Einsatz vorzubereiten.
In der DDR wurden schon Kindergartenkinder wehrerzieherischen Maßnahmen unterzogen: Zum Beispiel besuchten Kindergartengruppen die Kasernen der Nationalen Volksarmee oder Soldaten traten bei Pressefesten oder anderen öffentlichen Veranstaltungen auf.
In Pionierlagern oder Ferienlagern wurden Geländespiele oder Manöver durchgeführt. Im regulären Schulsportunterricht wurden die Grundformen militärischer Ordnungsformen eingeübt. Neben Kommandos wie „Stillgestanden! Rechts um!“ usw. war das Werfen von Handgranatenimitaten normale Unterrichtsdisziplin.
Ab 1978 gab es zusätzlich für die 9. und 10. Klassenstufen Wehrunterricht. Dazu gehörte ein zweiwöchiges Lager. Dafür wurden Jungen ins Wehrlager geschickt, Mädchen wirden in Zivilverteidigung ausgebildet. Die NVA unterstützte den Wehrunterricht an den Schulen. In der Klassenstufen 11 und 12 an der EOS, im Studium und in der Ausbildung wurde die vormilitärische Ausbildung fortgeführt.
Zusammenfassung - Die vier Grundprinzipien
1. So früh wie möglich: Die Schüler sollten schon so frühzeitig mit DDR-Ideologie infiltriert werden, dass sie noch nicht in der Lage waren, diese zu hinterfragen. Hierbei wurde auf emotionale Überwältigung gesetzt: traurige Liedtexte oder Schockbilder sollten bei den Kindern Bestürzung und Wut auslösen und diese tief im Unterbewusstsein verankern.
2. So lange wie möglich: Die Familienmitglieder sollten über möglichst lange Zeiträume voneinander ferngehalten werden (Ganztagsbetreuung, Samstagsunterricht…). Kritische und frustrierte Eltern sollten keine Zeit haben, ihre Bedenken mit den Kindern zu teilen. Außerdem sollte das Gemeinschaftsgefühl unter Gleichaltrigen gestärkt werden.
3. So oft wie möglich: Wann immer sich im Unterricht ideologische Glaubenssätze einbauen ließen, wurden sie eingebaut – und zwar so eng mit den Fakten verwoben, dass der Schüler nicht unterscheiden konnte, was Wahrheit und was Ideologie ist. Besonders gefährlich war diese Vermischung im Heimatkunde, im Geschichts- und im Staatsbürgerkunde-Unterricht.
4. Nach militärischen Regeln: Der Pioniergruß am Stundenanfang. Pionier- und FDJ-Hemd mit aufgenähten Abzeichen. Das Pionierkäppi. Der Fahnenappell. Militärische Kommandos wie "Stillgestanden!" im Sportunterricht. Frontalunterricht mit einer aktiv redenden Lehrperson und aufnehmenden, passiven Schülern. Disziplin als oberstes Gebot. Wehrunterricht. Die Bezüge zum Militär sind unverkennbar. Der schulische Ablauf sollte streng und durchorganisiert funktionieren wie die Soldatenunterweisungen in der Kaserne. Die Schüler sollten so gehorsam wie die Soldaten in der Kaserne den Befehlen des Lehrers Folge leisten und dabei lernen, auch für den Rest ihres Lebens stur Befehle auszuführen - für den Sieg des Sozialismus.
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*Für geistig oder körperlich behinderte Kinder, stark lernschwache und nervengeschädigte Kinder gab es Sonderschulen. Zur Begabtenförderung gab es verschiedene Spezialschulen.
Quellen:
Titelbild: https://www.mdr.de/geschichte/eure-geschichte/themen/jugend-bildung/schulwesen/schulwesen100.html
Bilder vom Wehrerziehungsunterricht: https://www.bbglive.de/2012/01/25/zv-wehrunterricht-in-bernburg-war-teil-der-ddr/