Adolf Hitler
Der Aufstieg
Die Kindheit
Adolf Hitler wurde am 20. April 1889 in Braunau an der deutsch-österreichischen Grenze geboren. Seine Eltern waren Alois (bzw. und Klara. Klara war die Nichte von Alois und war 20 Jahre jünger als er. Für Alois Hitler (bzw. Hiedler) war es schon die dritte Ehe.
Mutter Klara
Vater Alois
Hitler als Baby
Vater Alois war gelernter Handwerker, schaffte es aber, eine beachtliche Karriere als Zollbeamter einzuschlagen, weswegen die Familie von Braunau nach Linz umziehen musste. Zum Haushalt gehörten neben Adolf und seinen Eltern außerdem seine beiden jüngeren Geschwister Edmund und Paula, die zwei Stiefgeschwister Alois Junior und Angela aus Alois‘ zweiter Ehe und eine Tante (die Schwester der Mutter). Drei von Klaras Kindern waren schon vor der Geburt gestorben. Im Jahr 1900, als Adolf 11 Jahre alt war, starb sein Bruder Edmund an Masern.
Vater Alois war sehr jähzornig und schlug seine beiden Jungen viel. Für Adolfs Halbbruder Alois Junior war das so schlimm, dass er mit 14 Jahren flüchtete. Danach bekam nur noch Adolf die Schläge des Vaters ab. Die Mädchen schlug er nicht.
Die Mutter versuchte nach Kräften, Adolf vor den Schlägen des Vaters zu schützen. Zu ihr hatte der Junge ein sehr enges Verhältnis und vergötterte sie regelrecht. Er beschrieb sie immer als fürsorglich und liebevoll.
Die Schulzeit
1895 wurde Adolf Hitler in der einklassigen Dorfschule eingeschult. Obwohl die Familie wegen der Stellung des Vaters oft umzog, zeigte Adolf keine Schwierigkeiten, gute Noten zu bekommen. In der Klasse übernahm er die Rolle des Wortführers.
1900 kam Adolf dann in eine Realschule in Linz. Hier ließ er große Schwierigkeiten erkennen, sich diszipliniert zu verhalten. Auch die Leistungen entsprachen nicht den Erwartungen. Wegen dem Ärger in der Schule gab es nun ständige Konflikte mit dem Vater. Hitlers Lehrer beschrieben ihn als faul, störrisch und renitent. Er musste das erste Schuljahr auf der Realschule wiederholen. In den Folgejahren schaffte er die Versetzung immer nur ganz knapp. Am Ende des Schuljahres 1903/04 wurde er nur mit der Auflage versetzt, dass er die Schule wechselt. Seine Lehrer beschrieben ihn nun als widerborstig, eigenmächtig, rechthaberisch und jähzornig – und zwar gegenüber Lehrern und Mitschülern. Im Jahr 1903 starb der Vater. Obwohl der die Schläge und Bestrafungen nun wegfielen, besserten sich Hitlers Schulleistungen nicht. Die Mutter sah sich gezwungen, in auf eine 80 km entfernte Realschule zu schicken. Später schrieb Hitler in „Mein Kampf“, dass Geschichte und Geografie seine besten Fächer waren. In Wahrheit erreichte er nur in Leibesübungen und Zeichnen gute Noten. Im Jahr 1905, mit 16 Jahren, hätte Hitler wieder einmal zur Nachprüfung gehen müssen, um das Schuljahr erfolgreich abzuschließen. Mit erfolgreicher Nachprüfung hätte er auf einen Technische Schule oder auf eine höhere Realschule gehen können. Doch er hatte auf die Nachprüfung keine Lust und täuschte eine Krankheit vor. Daraufhin nahm ihn die Mutter nun endgültig von der Schule – auch wenn er nun keinen Schulabschluss hatte. Später in „Mein Kampf“ stellte Hitler es so dar, dass er absichtlich schlecht in der Schule gewesen wäre, damit der Vater ihn nicht in eine Beamtenlaufbahn hätte drängen können. Auf eine Tätigkeit als Beamter hatte Hitler nämlich keine Lust. Ihm schwebte eine Karriere als Kunstmaler vor.
Hitler als junger Erwachsener
Nach dem Schulabbruch kehrte Hitler erst einmal zurück nach Hause zu seiner Mutter, die den Hof bald verkaufte und mit dem Sohn und ihrer Schwester zusammen nach Linz zog. Hitler zeigte keine Bemühungen, seinen Schulabschluss nachzuholen oder eine Ausbildung zu beginnen. Er genoss das Leben eines Faulenzers, vertrieb sich die Zeit mit Zeichnen und Lesen. Gekleidet wie ein Herr aus gutem Hause, mit dunklem Mantel, Stock und Hut, besuchte er Opern und Konzerte. Nach diesen Abendaktivitäten schlief er am nächsten Tag bis Mittag. Er betrachtet sich immer mehr als Kunstversteher und hält anderen gern belehrende Monologe.
1906 ermöglichte Hitlers Mutter ihm eine Reise nach Wien. Dort tauchte er noch tiefer in die Welt der Kunst ein. In Wien besuchte er Museen, Theater und Opern, wodurch sich sein Wunsch verfestigt, Künstler zu werden.
Doch seinen Plan, nach Wien zu ziehen, musste Hitler verschieben, denn seine Mutter erkrankte schwer an Krebs. Er pflegte sie nach der Therapie hingebungsvoll.
Hitler in Wien
Als sich der Zustand der Mutter gebessert hatte, wagte Hitler den Schritt, nach Wien zu ziehen. Die Tante gab ihn so viel Geld mit, dass er ein Jahr davon leben konnte. Seine Mutter hoffte, dass der Sohn in Wien endlich mit der Bummelei aufhört und seine Zukunft in die Hand nimmt. Das hatte er vor. Sein Plan war, an der Wiener Kunstakademie zum Maler ausgebildet zu werden. Er bewarb sich an dieser angesehenen Schule und reichte einige seiner Zeichnungen ein. Immerhin nahm er die erste Hürde und wurde zum „Probezeichnen unter Aufsicht“ eingeladen. Dabei konnte er aber nicht überzeugen. Seine angefertigten Zeichnungen wurden als ungenügend eingeschätzt, so dass er nicht an die Akademie aufgenommen wurde. Hitler war total geschockt und nicht imstande, jemandem von der Ablehnung zu erzählen. Er fragte den Direktor der Akademie, was er falsch gemacht habe. Der Direktor erklärte, dass er kein bzw. zu wenig zeichnerisches Talent habe, vielleicht aber architektonisches Talent. Er empfiehlt ihm deshalb den Besuch der Architekturschule. Doch um dort aufgenommen zu werden, hätte Hitler das Abitur gebraucht bzw. zuerst einmal den Realschulabschluss, um damit das Abitur nachholen zu können. Hitler tat nichts dergleichen. Weil sich der gesundheitliche Zustand seiner Mutter wieder verschlechterte, fuhr er zu ihr nach Linz und kümmerte sich um sie. Zuhause erzählte er niemandem, dass er an der Kunstakademie abgelehnt wurde. 1907 starb Mutter Klara mit gerade einmal 47 Jahren. Für Adolf Hitler war das ein schwerer Verlust, denn die Mutter war seine einzige Bezugsperson. Er erbte etwas Geld und hatte nun Anspruch auf Waisenrente. Er verfiel durch die Trauer in eine regelrechte Schockstarre. Es dauerte Monate bis er wieder nach Wien zurückkehrte. Als es soweit war, überredete er einen Freund aus Linz, der Musik studieren wollte, mit ihm mit nach Wien zu kommen. Die beiden zogen zusammen in eine kleine Wohnung. Es musste für Hitler sehr bitter gewesen sein, dass der Freund sofort an der Musikschule angenommen wurde. Hitler verschwieg, dass er es selbst nicht auf die Kunstakademie geschafft hatte und gab vor, dort eine Ausbildung zu durchlaufen. Natürlich fragte sich der Freund bald, warum Hitler so viel Freizeit habe und so selten an der Schule sei. Da brach es aus ihm heraus: „Abgelehnt haben sie mich! Diese Akademie! Lauter alte, verkrampfte, verzopfte Staatsdiener, verständnislose Bürokraten, stupide Beamtenkreaturen. Die ganze Akademie gehört in die Luft gesprengt!“
Im Jahr 1908, mit mittlerweile 19 Jahren, wagte er einen zweiten Versuch, an der Kunstakademie aufgenommen zu werden. Diesmal schaffte er es aber nicht einmal zum „Probezeichnen unter Aufsicht“. Daraufhin versank er völlig im Selbstmitleid. Heimlich flüchtete er für immer aus der Wohnung, ohne sich bei seinem Mitbewohner zu verabschieden.
Eine Aquarellzeichnung des Wiener Hoftheaters von Adolf Hitler
Der Absturz
Nun stürzte Hitler komplett ab. Er übernachtete in Massenunterkünften oder auf Parkbänken, aß in Armenküchen und nahm hin und wieder Gelegenheitsjobs an. Seine Erbschaft war aufgebraucht. 1909 zog er ins Obdachlosenasyl. In den Aufnahme-Dokumenten bezeichnete er sich nun nicht mehr als Maler, sondern als Schriftsteller. In der Obdachlosenunterkunft lernte Hitler den geschäftstüchtigen Reinhold Hanisch kennen, der Hitlers Zeichentalent erkennt. Die beiden beginnen arbeitsteilig Geld zu verdienen: Hitler malte in der Unterkunft typische Wiener Stadtansichten von Foto-Postkarten ab und Hanisch verkaufte die kleinen Bilder in Gaststätten. Um überhaupt mit dem Malen anfangen zu können, musste sich Hitler das Geld für Farbe und Pinsel bei seiner Tante verschaffen. Das kleine Unternehmen war relativ erfolgreich, zumindest konnten die beiden aus der Massenunterkunft in ein Männerheim umziehen, wo es keinen großen Schlafsaal, sondern kleine separate Schlafecken gab. Den Gemeinschafts-Schreibtisch nahm Hitler für sich ein, um dort seine kleinen Bilder zu malen. Für die restlichen Bewohner galt Hitler als Sonderling. Nach einem Streit mit seinem Geschäftspartner Hanisch verkaufte Hitler seine Bilder selbst und konnte so die gesamten Erlöse behalten.
Erste Berührungen mit der Politik
In „Mein Kampf“ behauptete Hitler später, die Zeit in Wien wäre für ihn die schlimmste Zeit gewesen und dort wäre auch sein Hass auf Juden und Kommunisten entstanden. Besonders problematisch wären die in Wien lebenden osteuropäischen Juden gewesen. Für irgendwelche schlimmen Begegnungen mit osteuropäischen Juden gibt es aber keine Belege. Stattdessen lassen sich viele freundschaftliche Kontakte zu Juden im Männerwohnheim nachweisen. Viele Obdachlosen-Einrichtungen, in denen Hitler unterkam, waren in jüdischer Hand. Viele der Bilderhändler, die Hitler seine Bilder abnahmen, waren Juden. Diese waren besonders großzügig und gaben Hitler in seiner ärmlichen Aufmachung mehr Geld für seine Bilder, als sie wert waren.
Trotzdem keimte in Wien zu dieser Zeit massiver Judenhass auf. Klischees und Vorurteile machten die Runde. Alle möglichen national gesinnten Vereine und Verbände verbreiteten ungestraft Judenhass auf Hetzblättern und in Schaukästen. Antijüdische Schriften wie das „Deutsche Volksblatt“ bezeichneten Juden als Verursacher für den Sittenverfall und die Korruption. Die Juden wären „Volksverderber“, in Sexskandale und Prostitution verwickelt. Diese Hetze richtete sich vor allem gegen russische Juden.
Außerdem waren Rassentheorien zu dieser Zeit sehr populär. Die Rassentheorien gipfelten in der Forderung, die Reinheit der eigenen Rasse zu erhalten.
Nach seiner Ablehnung an der Kunstakademie begann Hitler allmählich, sich für Politik zu interessieren und kursierende Meinungen aufzugreifen. Die politische Situation Österreichs war chaotisch. 30 Parteien kämpften um die Gunst der Wähler, eine regierungsfähige Mehrheit kam nicht zustande. Außerdem war Österreich ein Vielvölkerstaat. Deshalb prallten im Reichsrat prallten nicht nur verschiedene politische Meinungen, sondern auch die Interessen verschiedener Völker aufeinander. Zehn Sprachen waren dort zugelassen, so dass oft jeder in einer für andere unverständlichen Sprache herumtönte und ein regelrechtes Kauderwelsch entstand. Das alles beobachtete Hitler, als er, um sich aufzuwärmen, die Reichsratssitzungen als Besucher verfolgte. Eine Überzeugung festigte sich dadurch bei ihm: Der Parlamentarismus, das demokratische Ausdiskutieren und Debattieren ist keine geeignete Staatsform. Auch die Sozialdemokratie lernte Hitler in Wien kennen. Sie kämpften gegen Preisanstiege und für eine Besserstellung der Armen. Diese Forderungen waren für Hitler richtig. Was ihm aber gar nicht gefiel, waren die Demonstrationen und Massenaufläufe, die die Sozialdemokraten organisierten. Die unorganisierte, tobende Menschenmasse löste in Hitler großes Unbehagen aus. Im Jahr 1913 , mit 24 Jahren, bekam Hitler das ersehnte Erbe vom Vater ausgezahlt. Er nutzt es, um Wien zu verlassen und nach München weiterzuziehen. Wien bleibt für ihn als die Stadt der Enttäuschungen und Tiefschläge im Gedächtnis. In Wien wurden seine typischen Charakterzüge deutlich und verfestigten sich: Seinen Hang zur Tagträumerei, seine Hingabe zu Phantasie- und Theaterwelten und die Fixierung auf alles Schöne und Geniale. Auf der anderen Seite aber Eigenbrötlerei, Starrsinn und Intoleranz, ein Hang zu unvorhersehbaren Wutausbrüchen, ein Hass auf alles Fremde und eine Hinwendung zu Verschwörungstheorien. All diese Eigenschaften und Interessen werden später auch seine Tätigkeit als Parteiführer prägen.
Hitler in München
Warum entschied sich Hitler für München? München war eine bedeutende Kunststadt. Außerdem suchte Hitler einen Lebensort außerhalb Österreichs, weil dort sein Einzug in den Militärdienst kurz bevorstand. Per Plakat wurden schon alle Männer des Jahrgangs 1889 aufgefordert, sich zum Militärdienst zu melden. Hitler wartete nur noch auf die Auszahlung seines Erbes, um Österreich danach den Rücken zu kehren.
Nach dem alten Muster nahm er einen Freund aus Wien mit nach München und mietete sich gemeinsam mit ihm ein kleines Zimmer. An seinem Tagesablauf änderte Hitler in München nichts. Er schlief bis Mittag und besuchte danach Künstlercafés, Galerien und Museen. Alle paar Tage malte er ein Bild, nun zeichnete er eben Münchner Postkartenmotive ab. Er verkaufte die Bilder an Geschäfte und Biergärten. Hitler pflegte auch in München keine engen Kontakte zu anderen Menschen und lebte ein einsames Leben.
1914 wurde er per Brief aufgefordert, sich unverzüglich in Linz zur Musterung einzufinden. Weil bei Nichterscheinen eine Haftstrafe drohte, ging Hitler zur Musterung. Doch die Einschätzung der Militärärzte lautete: „zum Waffen- und Hilfsdienst untauglich, zu schwach“. Hitler wurde ohne Strafe entlassen und ging zurück nach München.
Insgesamt änderte sich an Hitlers Situation in München nichts. Er lebte in einer Art Stillstand, verursacht durch den Schulabbruch und das Verweigern irgendeiner beruflichen Laufbahn. Dadurch hatte er keinen Platz in der Gesellschaft und blieb ein Absteiger.
Der Erste Weltkrieg
Als der Erste Weltkrieg im August 1914 ausbrach, meldete sich Hitler sofort im bayerischen Heer als Freiwilliger. So paradox es klingen mag, brachte der Krieg eine positive Wende aus seiner ausweglosen Situation. Der Krieg war für ihn eine „Erlösung“, weil er nun endlich eine Aufgabe bekam und für ein Teil der Gesellschaft werden konnte.
Der Krieg bot für Hitler die Möglichkeit, dazuzugehören und Kameradschaft zu erleben. Alle jungen Männer fühlten damals ein unbeschreibliches Gemeinschaftsgefühl und eine tiefe Zugehörigkeit zur Volksgemeinschaft. Bei Hitler war dieses Gefühl besonders stark, da sein bisheriges Leben so verfahren war. Wie aus dem Nichts geriet sein Leben nun in geregelte Bahnen: Für Unterkunft und Nahrung wurde gesorgt, ein strenger Tagesablauf und feste Regeln wurden vorgegeben.
Später beschrieb Hitler die Zeit beim Militär als die Zeit, in der er keine Sorgen haben musste. Er fand es überaus praktisch, sich zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs in Deutschland aufzuhalten und für das deutsche Volk zu kämpfen. Für den Vielvölkerstaat Österreich zu kämpfen, hätte ihm weniger gut gefallen.
Eigentlich hätte er gar nicht für Deutschland kämpfen dürfen, doch in den Wirren der Kriegsvorbereitung wurde einfach übersehen, dass er die österreichische Nationalität hatte. Er wurde dem 2. Ersatzbataillon des 2. Infanterieregiments zugewiesen. Nach einer kurzen Ausbildungszeit im Lager Lechfeld wurde er recht schnell auf die Schlachtfelder in Flandern geschickt. Dort war der Krieg zu diesem Zeitpunkt schon völlig festgefahren. Der deutsche Vormarsch war gestoppt worden, die Soldaten verharrten in Schützengräben. An der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland zog sich eine Frontlinie, die sich in den nächsten vier Jahren kaum noch verändern würde. Der Krieg entwickelte sich in wenigen Wochen zum Stellungskrieg, der auf die Abnutzung und Zermürbung des Gegners ausgelegt war. Hitlers Bataillon hatte bei Ypern eine schlimme Schlacht zu kämpfen. In vier Tagen schrumpfte das Bataillon von 3600 auf 611 Mann. Hitler überlebte diese Schlacht und wurde daraufhin zum Gefreiten befördert. Er sollte mehrmals zum Unteroffizier ernannt werden, lehnte dies aber immer ab. Wahrscheinlich wollte er die Verantwortung eines Unteroffiziers nicht tragen und sich der erhöhten Gefahr nicht aussetzen.
Am 9. November 1914 bekam er die Möglichkeit, als Meldegänger hinter der Frontlinie eingesetzt zu werden, um gemeinsam mit sechs anderen Leuten die Nachrichten vom Stab an die Front zu transportieren. Als Meldegänger reduzierte sich die Lebensgefahr verglichen mit einem Frontsoldaten erheblich. Natürlich war das Leben eines Meldegängers aber auch nicht ganz ungefährlich. Das wurde klar, als drei der sieben Meldegänger in einen Granatenbeschuss gerieten und starben.
Tagelanges schweres Artilleriefeuer zermürbte das Bataillon. Hitler schrieb in einem Brief, das ihn der ewige Kampf „ganz stumpf“ mache und an seinen Nerven zehre.
Hitler zeigt durchaus Qualitäten eines guten Soldaten. Einmal brachte er sich selbst in Gefahr, um einen verletzten Regimentskommandeur zu retten. Das brachte ihm viel Anerkennung ein. Er galt als pflichteifrig und zuverlässig und war bei Kameraden und Vorgesetzten gleichermaßen angesehen. Privat blieb er aber ein Sonderling. In Kampfpausen zog er sich von den Kameraden zurück, malte und las lieber, als sich mit ihnen zu unterhalten. Auch an politischen Diskussionen beteiligte er sich nicht.
Kurz vor Kriegsende hielt er sich in Berlin auf und empörte sich über die schlechte Stimmung dort. Die Berliner beschwerten sich über die mittlerweile katastrophale Versorgungslage. Dafür hatte Hitler kein Verständnis. Für ein besseres Deutschland nach dem Krieg entwickelte er nun erstmals konkrete Ideen: Es müsse von Fremdländerei gereinigt werden, die Sozialdemokratie besiegen und nationale Einigkeit gewinnen. Von Hass auf Juden oder deren Vernichtung ist zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede.
Hitler (ganz rechts sitzend) als Soldat 1915
Das Kriegsende
Wegen einer Augenverletzung, die ihn vorübergehend sogar erblinden ließ, hielt sich Hitler zur Zeit des Kriegsendes im Lazarett auf. Dort bekam er die Ereignisse nur bruchstückhaft mit. Die derbe Niederlage der Deutschen und die sozialistische Revolution vermischten sich in seiner Wahrnehmung zu einer Kausalkette. Die Sozialisten, so Hitlers Überzeugung, hätten den Krieg frühzeitig abgebrochen und den deutschen Sieg verhindert. Aus dieser Überzeugung folgte großer Hass auf die Sozialisten, der Hitlers politische Laufbahn prägen wird. Dass es gar nicht die Sozialisten waren, sondern die Oberste Heeresleitung, die den Krieg beenden wollte, drang nicht zu ihm durch und wird auch nie zu ihm durchdringen.
Die Armee war Hitlers einzige Heimat, sein Zuhause. Zum ersten Mal hatte er einen festen Platz in einer Gemeinschaft und bekam für seine Leistung Anerkennung. Mit dem Ende des Krieges, der Auflösung seines Bataillons brach nun für ihn eine Welt zusammen. Er ging wieder nach München und hoffte, Soldat bleiben zu können. In München tobte ein regelrechter Bürgerkrieg. Kurt Eisner hatte die sozialistische Räterepublik ausgerufen, diese wurde von nationalistischen Kräften brutal bekämpft. Hitler blieb bei seiner Truppe und wurde in den Wachdienst am Hauptbahnhof eingeteilt. Auch wenn er dies später gern unter den Tisch kehrte, stand er zu dieser Zeit im Dienst der sozialistischen Räterepublik. Er wollte um jeden Preis als Soldat im Amt bleiben – egal, für welche Regierung, egal ob für die linke, oder rechte Regierung.
Doch nach der Zerschlagung der sozialistischen Räterepublik und der Ermordung Kurt Eisners wendete sich in München das Blatt – und Hitler sich mit. Die rechten Kräfte gewannen die Oberhand über die Stadt und vor allem über das Militär. Sie leiteten eine Abkopplung der Reichswehr vom demokratischen Verfassungsstaat ein.
Der erste Schritt war, Kommunisten in der Reichswehr ausfindig zu machen und zu entfernen. Dafür wurden Informanten gesucht und Hitler bot sich an – um seiner Entlassung aus dem Militärdienst zu entgehen. Doch die rechten Generäle verlangten nun ein klares politisches Bekenntnis. Wer nicht klar rechts stand, war als Informant nicht zu gebrauchen. Hitler bekannte sich nun zur rechten Bewegung. Etwas anderes blieb ihm aber auch gar nicht übrig.
machte als Informant einen derart guten Eindruck, dass er eine Weiterbildung zum „Vertrauensmann“ erhielt. Diese Ausbildung beinhaltete politische Schulungen und vermittelte den Teilnehmern die rechte Gesinnung. Wichtige Themengebiete waren Geschichte, Wirtschaft und Politik. Wichtige Feindbilder waren der Bolschewismus und der Kapitalismus. Hitler absolvierte den Kurs sehr erfolgreich und konnte so im Militärdienst bleiben. Die Kursinhalte beeindruckten Hitler, so dass sich seine politische Haltung nun festigte.
Das Redetalent
Im Rahmen der Weiterbildung zum Vertrauensmann kam es unter den Kursteilnehmern zu einer hitzigen politischen Diskussion. Einer der Referenten berichtete: „Nach dem Schluss meines Vortrags und der folgenden lebhaften Erörterung stieß ich in dem sich leerenden Saal auf eine kleine Gruppe, die mich aufhielt. Sie schien festgebannt um einen Mann in ihrer Mitte, der mit einer seltsam gutturalen Stimme unaufhaltsam und mit wachsender Leidenschaft auf sie einsprach. (…) Ich hatte das sonderbare Gefühl, als ob ihre Erregung sein Werk wäre und zugleich ihm selbst die Stimme gäbe. Ich sah ein bleiches, mageres Gesicht mit einer unsoldatisch hereinhängenden Haarsträhne, mit kurzgeschnittenem Schnurrbart und unauffällig großen, hellblauen, fanatisch kalt aufglänzenden Augen.“ (Thamer „Adolf Hitler“, S. 62)
Weil Hitler bei der Weiterbildung zum Vertrauensmann einen guten Eindruck hinterlassen hat, wurde er kurze Zeit später zu seinem ersten Einsatz geschickt. Im „Lager Lechfeld“, wo einst seine militärische Karriere begonnen hatte, sollte er nun als Teil eines Aufklärungskommandos aus dem Krieg heimkehrende Soldaten hinsichtlich ihrer Gesinnung „überprüfen“.
Außerdem sollte er im Lager Lechfeld Propaganda verbreiten und die heimkehrenden Soldaten auf die rechte Ausrichtung des Militärs einschwören. Das wichtigste Thema war die Schande des Versailler Vertrages, gegen die man sich zur Wehr zu setzen hätte. Einer der Zuhörer äußerte sich über die Vorträge folgendermaßen: „Besonders Herr Hitler ist, ich darf wohl sagen, ein geborener Volksredner, der durch seinen Fanatismus und sein populäres Auftreten in einer Versammlung die Zuhörer unbedingt zur Aufmerksamkeit und zum Mitreden zwingt.“ (Thamer „Adolf Hitler“, S. 64) Allerdings wurden auch Klagen geäußert – über die aufreizende Sprache gegen die jüdische Bevölkerung.
Die Auftritte im Lager Lechfeld waren für die Person Adolf Hitler ein großer Erfolg. Er hatte es geschafft, seine militärische Karriere fortzusetzen und konnte nun auch jenseits des Schlachtfeldes Anerkennung gewinnen.
Dass Hitler nach Kriegsende in der Reichswehr bleiben konnte und dann die Ausbildung zum Vertrauensmann erhalten durfte, hatte er dem Hauptmann Karl Mayr zu verdanken, der an Hitler glaubte und ihn förderte. Dieser Hauptmann Mayr war es nun auch, der den talentierten Redner mit der neu gegründeten Partei DAP zusammenbrachte. Vordergründig bekam Hitler den Auftrag, eine Versammlung der DAP zu observieren. In Wirklichkeit wollte Mayr Gleichgesinnte zusammenbringen. Vielleicht könnte ja die noch unbekannte DAP einen begabten Redner gebrauchen, vielleicht findet Hitler in der rechtsnationalen Partei endlich eine berufliche Aufgabe…
Die Pläne des Hauptmanns Karl Mayr gingen auf: Hitler fand Gefallen an der neu gegründeten Partei DAP, trat schnell in die Partei ein und gestaltete diese von Anfang an mit. Die DAP organisierte viele Kundgebungen in und um München, um bekannt zu werden und um Unterstützer zu gewinnen. Auf diesen Kundgebungen hielt Hitler regelmäßig seine Reden und wurde zum „Zuhörermagneten“. 800, bald 2000 oder 3000 Menschen kamen zu den Kundgebungen, um Hitler reden zu hören. Doch was war sein Erfolgsgeheimnis?
Hitler las seine Reden nicht vom Blatt ab, sondern sprach anfangs völlig frei. Später verwendete er einen kleinen Zettel mit einigen Notizen oder Stichwörtern. Seine Reden dauerten meist sehr lange (2 Stunden). DAs Ziel war dabei, bis zur polizeilichen Sperrstunde zu reden. Denn wenn diese einmal erreicht war, war keine Zeit mehr für Diskussionen oder Auseinandersetzungen über seine waghalsigen und provokanten Thesen.
Hitler überprüfte am Anfang die Reaktionen des Publikums genau und passte seine Redetechnik immer besser an. Schon bald hatte er sein „Erfolgsrezept“ ausgefeilt.
Die Dramaturgie von Hitlers Reden:
1. Eröffnung: Hitler begann seine Rede ruhig und zurückhaltend. In dieser Phase erspürte er die Stimmung des Publikums.
2. Die Steigerung: Dann steigerte er sich langsam, manchmal bis zur Raserei. Dadurch riss er das Publikum mit. So blass und ausgehungert, wie er war, wirkte er sehr authentisch, wenn er seinen Hass über den Versailler Vertrag und über den Betrug der Siegermächte herausschrie.
3. Das Ende: Hitler beendete seine Reden meist völlig erschöpft in einem Zustand der totalen Aufgewühltheit. Diesen Zustand übertrug er auf seine Zuhörer.
Hitleres Reden glichen Theaterauftritten. „Seine Stimme und sein Körper stimmten überein, wenn er sich zu leidenschaftlichem Schreien steigerte, wenn seine Gestik und Mimik sich dem Einsatz der Stimme anpassten, wenn er seine Sätze immer eindringlicher dem Publikum entgegenhämmerte.“ (Thamer: Adolf Hitler, S. 75f.)
Der Augenzeuge Max Amann berichtet über eine Hitler-Rede: „Der Mann schrie, er führte sich auf, ich habe so etwas noch nie gesehen! Aber alle sagten: ‚Der Mann meint es ehrlich‘.“ (Thamer: Adolf Hitler, S. 75) Hitler verwendete oft das Stilmittel der Ironie, wenn er die deutsche Regierung und die Parteien verunglimpfte. Er konnte sich perfekt an die Erwartungen und den sozialen Status seiner Zuhörer anpassen. Vor bäuerlichen Zuhörern sprach er ganz anders als vor einem bürgerlichen Publikum. Doch in allen Reden entfaltete er einen starken Kontrast zwischen der „guten Zeit“ (vor 1914) und der gegenwärtigen schwarzen Zeit. Je nach Publikum änderten sich aber immer wieder die Verursacher des aktuellen Desasters. Doch der Judenhass zog sich doch allmählich wie ein roter Faden durch alle seine Reden…
Aufgabe:
Verkürze jeden Untertext zu 5 Stichpunkten und schreibe diese Stichpunkte mit der jeweiligen Überschrift auf.
Informationsquelle:
Hans-Ulrich Thaler: Adolf Hitler. Biographie eines Diktators., C.H.Beck Verlag, München (2018), S. 17-75.
Bildquelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Hitler