Die Hitler-Jugend (HJ)
In einer Verordnung aus dem Jahr 1934 hieß es:
„Diese charakteristische Schulung des jungen Deutschen findet in der HJ ihren äußeren Ausdruck
- in seiner freiwilligen Unterordnung,
- seinem Gehorsam gegenüber seinen Führern,
- in seinem Pflichtbewusstsein,
- seiner Kameradschaftlichkeit,
- seiner Liebe zu seinem Führer, seinen Volksgenossen und seinem Vaterland,
- in dem jederzeit freiwilligen Einsatz des eigenen Lebens für die Idee des Nationalsozialismus.“*
Lagerromantik mit Hintergedanken
Sehr einprägsam waren die „Lager“, die regelmäßig veranstaltet wurden. Der Reichsjugendführer Baldur von Schirach beschreibt das folgendermaßen:
„Das Lager ist die idealste Form des Jungenlebens. Im Lager wird in Zelten (vereinzelt auch in Baracken) geschlafen. Es wird eine Lagerfahne gehißt, Wachen werden ausgestellt und Jungen bestimmt, die die Verpflegung übernehmen. Der Tagesplan sieht vor: Gymnastik, Turnen und Sport, weltanschauliche Schulung, gemeinsames Singen. Wer ein paar Wochen solchen HJ-Lagerlebens mitgemacht hat, hat etwas gewonnen, woran er sein ganzes Leben zurückdenkt. Ob es in den Bayerischen Bergen oder in den thüringischen Wäldern war oder gar an der See, er vergißt nie den Zauber des vollkommenen Gelöstseins von allem städtischen Leben und von aller bürgerlichen Form. Er denkt an den riesigen Holzstoß, der in prasselnden Flammen verbrannte, und wie er und seine Kameraden im Kreis darum saßen und in das Feuer starten. Ob er in einer Wolldecke schlief, während der Wind den Regen gegen die Zeltwand Peitsche, oder ob er in glühender Sonne durch einen einsamen Flußlauf schwamm, immer war es ein unvergängliches und herrliches Erlebnis, daß ihn nie im Stich lassen wird. Muttersöhnchen lernen im Lager Selbstständigkeit, Schwächlinge werden gekräftigt. Das Lager ist der schönste Traum einer Jugend.“*
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Besonders großen Zulauf gab es in den Spezialeinheiten:
- Flugbegeisterte Jungen kamen mit ein bisschen Glück in die Flieger-Hitlerjugend. Dort erwarben sie Grundkenntnisse in Theorie und Praxis des Fliegens. Sie bauten Segelflugzeugmodelle und können die Seglerprüfung ablegen. Außerdem besuchten die Fluganwärter die Flugplätze der Luftwaffe und durften als Passagiere in Jägern und Bomben mitfliegen. Später gingen die Mitglieder der Flieger-Hitlerjugend oft zur Luftwaffe. Mitgliederzahl: 78000.
- Hitlerjungen, die sich für die Seefahrt interessierten, konnten der Marine-Hitlerjugend beitreten. Dort konnten sie sich auf den Gegenschein vorbereiten. Sie lernten, auf den deutschen und österreichischen Flüssen zu navigieren. Die Mitglieder der Marine-Hitlerjugend nahmen auch an militärischen Übungen auf den Schulschiffen der Kriegsmarine teil und begleiteten die Kadetten zu Manövern in der Ostsee. Mitgliederzahl: 62000.
- Für Auto- und Motorrad-Enthusiasten war die Motor-Hitlerjugend interessant. Dort lernten die Jungen deutsche und internationale Verkehrsvorschriften kennen und erwarben ein umfangreiches Wissen über Motoren. Außerdem konnten sie den Führerschein für den künftigen Dienst in den motorisierten Einheiten der Wehrmacht absolvieren. Wegen Geldmangel besaß die Motor-Hitlerjugend aber nur 300 Motorräder. Der Bestand musste mit Privatbesitz aufgestockt werden. Mitgliederzahl: 102000.**
Flieger-Hitlerjugend
Motor-Hitlerjugend
Mitglieder der Motor-Hitlerjugend bei einem Motorradtreffen im Harz (Juli 1936)
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Doch es ging den nationalsozialistischen Machthabern nicht darum, den Jungen Abenteuer und schöne Erlebnisse zu ermöglichen. Es ging darum, Soldaten heranzuzüchten. Im besten Fall verließen die Jungen mit 18 Jahren – militärisch ausgebildet - die Hitlerjugend und konnten direkt als Soldaten eingesetzt werden.
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Verschärfung der militärischen Ausbildung
Je konkreter die Kriegsplanungen wurden, umso stärker war die Hitlerjugend militärisch ausgerichtet. 1936 wurden Schießunterricht, Waffenkunde, Geländemanöver und Orientierungsläufe nun feste, vorgeschriebene Programmpunkte für alle Hitlerjugend-Gruppen.
Um den Schießunterricht sicherzustellen, wurden landesweit in jeder Stadt und in jedem Landkreis Schießplätze errichtet. 1938 trainierten 1,2 Millionen Hitlerjungen auf diesen Schießplätzen. Die Besten konnten sich in Schießwettbewerben messen und um die „Hitlerjugend-Scharfschützen-Medaille“ kämpfen. Nach dem Kriegsausbruch im September 1939 wurde der militärische Schulung der Hitlerjugend noch einmal intensiviert. Nun gab es Waffen- und Geländeübungen in Wochenend-Länge.
Hitlerjungen beim Pistolen-Training
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Die Hitlerjugend im Krieg
1943, vier Jahre nach Kriegsausbruch, waren alle Träume von der deutschen Überlegenheit ausgeträumt. An der Ostfront hatten seit Kriegsbeginn eine Million Soldaten ihr Leben verloren, allein in den Kämpfen um Stalingrad starben 300 000 Soldaten. Es wurde dringend „menschlicher Nachschub“ benötigt.
Ein SS-Gruppenführer äußerte den Vorschlag, eine Division aus Mitgliedern der Hitlerjugend aufzustellen – Freiwillige gäbe es schließlich genug. Genau zehn Tage nach der Niederlage in Stalingrad wurde der Vorschlag in die Tat umgesetzt. Bis September 1943 wurden 16 000 Hitlerjungen auf dem Truppenübungsplatz im belgischen Beverloo zusammengezogen. Dort erhielten sie eine sechswöchige Grundausbildung. Diese unterschied sich nicht von der Grundausbildung erwachsener Soldaten. Allerdings bekamen die Hitlerjungen keine Zigarettenzuteilungen, sondern Süßigkeitenpakete, worüber sie sehr empört waren. Immer mal wieder lief ein Junge wegen Heimweg weg und musste wieder eingefangen werden. Per Telegramm kamenn immer wiederr Hiobsbotschaften von zuhause: Der Bruder war an der Front gefallen, das Elternhaus ausgebombt, die Eltern bei einem Luftangriff ums Leben gekommen.
Trotz vieler Tiefschläge wuchs in Beverloo eine kampfbereite Division heran, die von allen Divisionen die stärkste nationalsozialistische Ausrichtung zeigte.
Warum? Die Jugendlichen waren ca. 1926 geboren, im NS-Staat aufgewachsen und kannten nur diese Ideologie. Von klein auf wurde den Jungen eingebläut, dass sie im Sinne der “Volksgemeinschaft“ nur ein Teil einer Masse, Teil einer großen Idee seien und ihr individuelles Leben nichts wert sei. Sie wuchsen mit der Überzeugung auf, ihr Leben eines Tages für die große Sache zu opfern. Daraus ergab sich ein fanatischer Kampfwille.
Hitlerjungen erhalten Unterricht in "Kriegskunst" von Wehrmachtsoffizieren
Eine Hitlerjugend-Mannschaft bei einer Ausbildungsübung (Frühling 1944)
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Die Panzerdivision "Hitlerjugend"
Nach den sechs Wochen Ausbildungszeit wurde entschieden, dass die Hitlerjungen eine Panzerdivision bilden sollten. Dementsprechend hieß sie nun „SS-Panzer-Division Hitlerjugend“.
Der Rest ist schnell erzählt: Die Panzerdivision „Hitlerjugend“ wurde von einem Kriegsschauplatz zum nächsten geschickt, konnte nirgends Erfolge verzeichnen und erlitt überall große Verluste. Tote und Verwundete wurden durch immer neue Freiwillige ersetzt, die immer jünger wurden. Das Durchschnittsalter sank von 17 auf am Ende 15 Jahre.
Durch die fanatische Einstellung gingen die jungen Soldaten besonders grausam mit Gegnern, aber auch mit Zivilisten um und verrichteten viele Blutbäder.
Vereidigung der minderjähriger Soldaten der SS-Panzerdivision "Hitlerjugend"
Mitglieder der SS-Panzerdivision "Hitlerjugend" an einer Panzerjägerkanone
Ein Hitlerjugend-Soldat lernt 1944 das Fahren eines Kettenfahrzeuges
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Eine seltene Ehre: Zu seinem 56. Geburtstag bemühte sich Hitler
die 50 Treppenstufen aus seinem Bunker nach oben, um diese Soldatenkinder zu empfangen. Sie tragen das EK 2.*
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Bildquellen:
* Zentner, Christian (Hg.): Große Geschichte des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs. Band 2: 1934 - 1939. Naturalis Verlag, München (1989), S. 137 ff.
** Brenda Ralph Lewis: Illustrierte Geschichte der Hitlerjugend 1922 - 1945. Die verlorene Kindheit., Tosa Verlag, Wien (2000).
*** https://www.lwl.org/marsLWL/de