Big City Life...
Die Goldenen Zwanziger waren in erster Linie ein Großstadtphänomen. Nirgendwo konnte man das neue Lebensgefühl besser nachempfinden als in der Hauptstadt. Berlin zog seit der Jahrhundertwende immer mehr Menschen an. Um die Menschen unterbringen zu können, wurden große Mietskasernen gebaut.
Menschentrubel, riesige leuchtende Reklametafeln, Schlachthausdunst, Jazz-Rhythmen, Lichterglanz, Zuhälter und Huren – das ist das Berlin der zwanziger Jahre.
Die Stadt hatte nun 3,8 Millionen Einwohner. Mit einer Fläche von 878 Quadratkilometern war Berlin die zweitgrößte Stadt Europas und größer als London und New York. Berlin war außerdem der größte Verkehrsknotenpunkt Europas. Mit 147 Tageszeitungen im Jahr 1928 war Berlin auch die größte Zeitungsstadt der Welt.
Da versteht es sich von selbst, dass diese Metropole auch Künstler und Kulturschaffende aus aller Welt anzog.
Die Stadt verändert sich
Junge Menschen hielten sich gern am Kurfürstendamm im Westen der Stadt auf. Hier entstanden drei große Kinos: das Marmorhaus, das Capitol und der Ufa-Palast. Der Ufa-Palast war mit seiner Kapazität von 2165 Sitzplätzen das größte Kino Europas. Hier wurden alle wichtigen europäischen Filme uraufgeführt. Die Stummfilme wurden von einem 70-köpfigem Symphonieorchester begleitet.
Auch am Alexanderplatz und am Potsdamer Platz pulsierte das wilde Großstadtleben. Viele Gebäude und Bahnbrücken am Alexanderplatz trugen riesige, leuchtende Reklametafeln. Der Platz änderte sein Gesicht von Tag zu Tag.
Ältere Menschen zog es eher in die Allee „Unter den Linden“. Hier konnte man sich für 5 Pfennige Klappstühle ausleihen, so dass die Straße bei schönem Wetter aussah wie eine Kurpromenade.
Die Kunstszene
Natürlich wurden auch Maler und Bildhauer von der angesagten Metropole angezogen. Wer Rang und Namen hatte, stellte seine Werke hier aus – bevorzugt im modernen Ausstellungshaus der Künstlergruppe “Berliner Secession“ am Kurfürstendamm. Bekannt wurde die Gruppe auch über die Stadtgrenzen Berlins hinaus durch die Diskussionen, die die Mitglieder miteinander über ihre Kunst führten.
Theater
Auch die Theaterlandschaft Berlins war aufsehenerregend. Um den Kurfürstendamm existierten in den zwanziger Jahren vier große Theater, so dass der Kudamm auch „Berliner Broadway“ genannt wurde. Aufgeführt wurden keine sentimentalen Liebesromanzen, sondern eher verstörende Stücke des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Avantgardistische Bühnenbilder verschreckten das Publikum zusätzlich. Theater war in diesen Jahren provokant und skandalös. Die Zuschauer sollten mitdenken und das Gezeigte hinterfragen. Auch diese Art des Theaters ist Teil der Goldenen Zwanziger.
Der „Berliner Broadway“ bot aber nicht nur verstörende Theaterstücke. In Bars, Nachtclubs, Varieté-Theatern, Weindielen, russischen Teestuben und Ballhäusern konnte man die Nacht zum Tag machen.
Die Hauptstadt der Sünde
Legendär war das Berliner Nachtleben. Gerade am „Berliner Broadway“ reihten sich Bars, Nachtclubs, Weindielen und Tanzlokale aneinander. Die nächtliche Sperrstunde und das im Krieg ausgesprochene Tanzverbot wurden aufgehoben, so dass den Feierwütigen keine Grenzen mehr gesetzt waren. Auch Drogen und Prostitution spielten eine große Rolle, so dass Berlin oft als „Hauptstadt der Sünde“ bezeichnet wurde.
Nirgendwo konnten junge Menschen ihrer Lebenslust besser nachgehen als hier. Das legendäre Berliner Nachtleben zog auch viele Touristen in die Stadt.
Zusammenfassung
Berlin war in den zwanziger Jahren eine äußerst schillernde Stadt und das kulturelle Zentrum Europas. Mode, Film, Theater, Literatur, Musik und Tanz – alles entstand hier, wurde von hier in die Welt getragen und spiegelte überall das Berliner Lebensgefühl.