Bildung und Erziehung im Kaiserreich
1. Der Militarismus
Militarismus bedeutet, dass alles Militärische (Kleidung, Abzeichen, Waffen, Kriegsführung, soldatische Tugenden) in einer Gesellschaft verherrlicht werden. In einer militaristischen Gesellschaft besteht eine hohe Bereitschaft, Kriege zu führen und sich selbst in einen Krieg einzubringen.
Woher kam der Militarismus? Preußen war zum Zeitpunkt der Gründung des Deutschen Kaiserreiches eine militärische Großmacht, die viele Erfolge in Schlachten und Kriegen errungen hatte. Im neu gegründeten Kaiserreich war Preußen der wichtigste Teilstaat. Daraus ergab sich als logische Konsequenz: Auch das Deutsche Kaiserreich war von Anfang an ein Militärstaat.
Die Gesellschaft war streng in Adlige und Nicht-Adlige unterteilt und nur Adlige hatten Zugang zu den hohen militärischen Rängen. Zum Beispiel konnten nur Adlige Offiziere werden.
Die Uniform war das Erkennungszeichen aller im Militär tätigen Personen. Die jeweilige Uniform zeigte, welchen Rang man hatte. Wegen der hohen Achtung des Militärs wurde uniformartige Kleidung für alle Menschen zur Mode. Kleine Kinder trugen zum Beispiel oft Matrosenanzüge.
Außerdem gab es bei feierlichen Anlässen häufig Paraden, bei denen Angehörige des Militärs zu entsprechender Musik in Uniform marschierten - unter dem Jubel des Volkes.
Zum Militarismus gehörte auch, dass alle jungen Männer einen zweijährigen Wehrdienst zu absolvieren hatten. Dort wurden sie auf einen möglichen Krieg vorbereitet. Doch viel wichtiger als das Einüben von Kriegstechniken war die Erziehung der jungen Soldaten. Disziplin, uneingeschränkter Gehorsam, Kaisertreue und Patriotismus waren die Grundtugenden in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches.
2. Kindergarten und Schule
In den neu entstandenen Kindergärten waren die Erziehungsziele vom Militarismus geprägt. Die Kinder lernten marschieren, gehorchen, ihr Heimatland zu lieben und den Kaiser zu verehren. Sie sangen Lieder, in denen Soldaten und das Kriegeführen verherrlicht wurden, wie z.B. diese:
"Ihr Knaben alle, groß und klein,
wir wollen rechte Deutsche sein,
marschieren nach Soldatenbrauch,
dann freut sich unser Kaiser auch.
Lieb' Vaterland, magst ruhig sein,
einst schützen wir den deutschen Rhein, den deutschen Rhein!"
"Wenn Gott uns freudig schenkt den Sieg,
wir froh heimkehren aus dem Krieg,
dann kann sich uns're Mutter freu'n
und stolz auf ihre Jungen sein!
Treu schützen wir den deutschen Rhein, den deutschen Rhein!"
"Marschierliedchen.
Eins, zwei, drei, vier,
eins, zwei, drei, vier,
eins, zwei, drei, vier,
Gewehr auf! Richtet euch!
Schultert das Gewehr auf und marschiert."
"Soldat, Soldat zu spielen,
o das ist eine Lust!
Zu schreiten hin und wieder,
das stärkt uns're Glieder,
das stärkt uns're Bust."
(Quelle)
Der Kaiser ist ein lieber Mann
Der Kaiser ist ein lieber Mann
er wohnet in Berlin
und wär das nicht so weit von hier
so ging ich heut noch hin
Wisst ihr, was ich beim Kaiser wollt´
Ich gäb ihm eine Hand
und brächt das schönste Blümchen ihm
das ich im Garten fand
Und sagte dann: In treuer Lieb
bring ich das Blümchen dir
Und dann lief ich geschwinde fort
so wär ich wieder hier
Text: unbekannt , ursprünglich „Der König ist ein lieber Mann“ , seit 1856 in Schulbüchern
Quelle
Anleitung an Erzieherinnen, wie der Geburtstag des Kaisers gefeiert werden soll (Quelle)
3. Schule im Sinne des Staates
Napoleon hatte durchgesetzt, dass Staat und Kirche streng voneinander getrennt wurden und die Kirche weniger Einfluss auf die Gesellschaft nehmen sollte ("Säkularisierung"). Die Kirche verlor auch ihre Verfügungsgewalt über die Schule, stattdessen sollte nun "der Staat" bestimmen und kontrollieren, was die Kinder lernten.
Da die Staatsführung des Kaiserreiches sehr militaristisch eingestellt war, wurden die Schulen zu "Kinderkasernen". Der Umgang der Lehrer mit den Kindern war sehr streng und autoritär. Sie forderten absoluten Gehorsam und Unterordnung. Es gab sehr viele Regeln und strenge Strafen. Es war Gang und Gäbe, die Kinder vor den Augen der Klasse mit dem Rohrstock zu verprügeln.
Aus Angst vor Strafen zeigten die Schüler die geforderte Disziplin.
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4. Familienleben
Auch das Familienleben war vom Militarismus bestimmt. Der Vater war das Familienoberhaupt, dem sich alle unterzuordnen hatten. Die Frau war Hausfrau und Mutter.
Die Erziehungsziele waren Disziplin, Ordnung und Gehorsam. Kinder galten als ungeformte Masse, die die Erwachsenen in die rechte Form bringen müssen. Die Kinder sollten gehorchende, kaisertreue Untertanen werden, die ihre Bedürfnisse stets dem Wohl des Kaiserreiches unterordnen.
---> Film "Ein Tag in der Kaiserzeit
Aufgaben
1. Das Deutsche Kaiserreich war militaristisch.
a) Was bedeutet "militaristisch"? Erkläre es mit eigenen Worten.
Militarismus: ...
b) Wodurch zeigte sich im Alltagsleben der Menschen, dass das Kaiserreich militaristisch war? Nenne drei Beispiele.
Anzeichen des Militarismus: ...
c) Was waren die Erziehungsideale im Deutschen Kaiserreich?
Erziehungsideale: ...
2. Zur Quelle "Wie wir Kaisers Geburtstag feiern"
a) Nenne 5 merkwürdige Verhaltensweisen, die im Kindergarten zum Geburtstag des Kaisers durchgeführt wurden.
Kaisergeburtstag im Kindergarten: ...
b) Welche Wirkung könnte eine solche Feier auf die Kinder gehabt haben?
Wirkung: ...
c) Ist es gut oder schlecht, dass es bei uns heute keinen Personenkult mehr gibt? Begründe deine Meinung.
Personenkult: ...
3. Erkläre, warum Schulen im Kaiserreich eher "Kinderkasernen" waren.
Schule:
4. Wie war das Familienleben im Kaiserreich? Schreibe Stichpunkte.
Familienleben: ...