Die Franzosen hatten in der Revolution erbittert gegen ihren Alleinherrscher gekämpft und in blutigen Kämpfen ein System der Gewaltenteilung erzwungen. Da ist es doch unvorstellbar, dass gerade einmal 11 Jahre später wieder ein Alleinherrscher die Macht ergreift – ein gewisser Napoleon Bonaparte. Lassen wir ihn selbst erzählen…*
Meine Kindheit und Jugend
„Ich wurde am 15. August 1769 auf Korsika geboren. Ich hatte insgesamt 12 Geschwister, von denen aber schon 5 als Kinder starben. Meine Familie gehörte dem Kleinadel an, mein Vater war ein angesehener Rechtsanwalt. Unsere Familie hatte keine finanziellen Sorgen.
Meine Eltern haben früh erkannt, dass in mir seltene Talente schlummerten. Sie schickten mich auf eine angesehene Schule, wo ich eine exzellente Ausbildung erhielt. Mathematik war meine Leidenschaft, meine Leistungen auf diesem Gebiet waren herausragend. Außerdem habe ich gern gelesen – am liebsten Heldengeschichten über Alexander den Großen oder Julius Cäsar.
Die Ausbildung
Mit 15 Jahren kam ich auf die angesehenste Militärschule des Landes. Ein Jahr später traf unsere Familie ein Schicksalsschlag: Mein Vater starb -mit 38 Jahren! Da er allein das Einkommen unserer Familie gesichert hatte, brachen all unsere Einnahmen von einen Tag auf den anderen weg. Plötzlich waren wir arm.
Ich als zweitältestes Kind übernahm die Rolle des Familienoberhauptes - unter dem Protest meines älteren Bruders. Auf der Militärschule bekam ich ein kleines Gehalt und davon gab ich der Familie etwas ab. Um meine Mutter zu entlasten, nahm ich außerdem meinen elfjährigen Bruder zu mir.
Trotzdem kämpfte ich an der Militärakademie weiter um gute Leistungen. Ich war so gut, dass ich meine Ausbildung sogar ein Jahr früher als vorgesehen beenden durfte. Mit gerade einmal 16 Jahren hielt ich das Offizierspatent in den Händen. Meine militärische Laufbahn begann, ich übernahm die Führung eines Regiments.
In dieser Zeit habe ich wieder sehr viel gelesen. Romane und Sachbücher, antike Werke über Philosophie, neuzeitliche Bücher über Politik und Staatenbildung, geschichtliche Abhandlungen über die Antike oder die Araber, militärische Lehrbücher, aber auch literarische Werke von Goethe – ich habe alles verschlungen.
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Die Revolution
Als die Französische Revolution begann, war ich 20 Jahre alt. Meine Meinung darüber war gespalten. Ich habe die Forderungen der Revolutionäre sehr begrüßt und der neuen Ordnung mit meinem Regiment die Treue geschworen.
Die gewaltsamen Ausschreitungen im Zuge der der Revolution waren mir aber zuwider.
Als die Jakobiner die Macht übernahmen, habe ich mich zum Sympathisanten der Jakobiner erklärt und mich in ihren Dienst gestellt.
Der militärische Aufstieg
Im Jahr 1793 war ich als Kommandant der Artillerie an der Belagerung der Stadt Toulon beteiligt. Diese Stadt hatte sich gegen die Herrschaft der Jakobiner gestellt. Ich konnte den Befehlshaber überzeugen, meine Idee der Belagerung der Stadt umzusetzen. Mit meiner Idee siegten wir gegen die Stadt und ich wurde zum General befördert – mit 24 Jahren!
Das Ende der Jakobiner bedeutete für mich einen kleinen Karriereknick. Alle Unterstützer der Jakobiner waren ja plötzlich auf der Anklagebank.
Ich kam sogar kurz in Haft, wurde aber schnell wieder freigelassen. Denn auch das Direktorium brauchte jeden fähigen Militärführer. Ich erhielt nun sogar den Oberbefehl über die Italienarmee. Frankreich wollte italienische Gebiete erobern oder zumindest in Abhängigkeit bringen.
Italien war um 1800 kein einheitliches Land. Stattdessen reihten sich auf dem italienischen Stiefel mehrere Einzelreiche aneinander.
Der Italienfeldzug
Der Zustand der Italienarmee schockierte mich. Die Ausrüstung der Soldaten war schlecht, die Soldaten hatten seit Monaten keinen Sold bekommen. Ich musste sie erst einmal moralisch aufbauen. Ich hielt leidenschaftliche Ansprachen, mit denen ich die Begeisterung der Soldaten wecken konnte.
1796 begannen wir unseren Feldzug in Oberitalien. Und was soll ich sagen? Erfolg auf der ganzen Linie. Die gegnerischen Armeen kämpften auf altertümliche Weise, wir konnten sie problemlos überrennen. Am Ende jubelten mir nicht nur meine Soldaten zu, sondern auch die besiegten Mailänder. Im Italienfeldzug konnte ich eine Taktik erproben, die in den folgenden Jahren mein Erfolgsrezept werden sollte:
- die Leidenschaft der Soldaten entfachen und nutzen,
- immer schneller marschieren als der Feind,
- immer zuerst alle Kräfte an einem Punkt zusammenziehen, dort massiv kämpfen und so das Gleichgewicht des Gegners zerstören,
- große gegnerische Truppen teilen, beide Teile einzeln angreifen und
- selbst mit guten Beispiel vorangehen, an vorderster Front mitkämpfen und
- immer den Kontakt zu den Soldaten halten.
Nach dem fulminanten Sieg in Italien wuchs in mir die Gewissheit, dass ich meine Rolle nicht nur im Militär suchen sollte, sondern auch in der Politik. Und dass ich meinen Einfluss nicht auf Frankreich beschränken sollte. Denn Europa war in chaotischem Zustand. Viele Großmächte stritten um die Vorherrschaft. In mir wuchs die Überzeugung, dass ich die große Aufgabe übernehmen sollte, Europa neu zu ordnen und unter meine Herrschaft zu bringen... Wortwörtlich habe ich es so formuliert:
Innenpolitik
Doch erst einmal gab es in Frankreich noch viel zu tun. Ich musste meine Macht dort festigen und sichern. Das Direktorium schaffte es nicht, Frankreich geordnet zu regieren. Ich hatte viele Ideen, die das Direktorium aber ignorierte. Nach vielen Streitereien entschied ich mich, dem Direktorium mit Gewalt ein Ende zu setzen. Zuerst wirkte ich danach als Konsul an der Regierung mit, im Jahr 1804 übernahm ich die Alleinherrschaft über Frankreich. Ich setzte mir höchst selbst die Kaiserkrone auf den Kopf - vor den Augen des Papstes!
Dass es nun wieder einen Alleinherrscher über Frankreich gab, das war vielen nicht recht. Denn die Alleinherrschaft war durch die Revolution ja abgeschafft worden. Aber wo stand Frankreich 11 Jahre nach der Revolution? Das Land war im Chaos versunken! Alle Regierungsversuche danach waren gescheitert. Keine Regierung konnte sich durchsetzen. Einer musste Frankreich doch aus dem Schlamassel herausführen.
Nach meiner Machtübernahme habe ich die Verwaltung neu geregelt und den "Code Civil" auf den Weg gebracht. Das war ein Gesetzbuch, in dem jeder Franzose seine Rechte nachlesen konnte. Bei den Rechten habe ich mich an den Forderungen der Revolution orientiert. Wenn ich meinem Volk die Rechte gewähre, für die es gekämpft hat, dann konnte sich niemand mehr über meine Herrschaft beschweren. Die meisten Franzosen bewunderten mich für meine Entschlossenheit und für meine Erfolge auf dem Schlachtfeld. Nachdem nun die Verhältnisse in Frankreich geklärt waren und dort Ruhe einkehrte, konnte ich mit der Umgestaltung Europas beginnen..."*
* Die Sprechtexte sind ausgedacht, geben aber die historischen Fakten wieder. Quelle: Wikipedia-Eintrag "Napoleon Bonaparte"