Planwirtschaft = Misswirtschaft
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Vergleich: Planwirtschaft und Marktwirtschaft
Wie in allen Ostblock-Staaten herrschte in der DDR Planwirtschaft. Diese stellte ein Gegenmodell zur Marktwirtschaft dar, die in den kapitalistischen Staaten herrschte. Anders als in der Marktwirtschaft, so das Versprechen, sollte in der Planwirtschaft jeder Mensch ohne Druck, Konkurrenz und Existenzangst leben können.
In der Planwirtschaft wird die Wirtschaft zentral vom Staat gelenkt. In der DDR gab die Staatliche Plankommission für alle Wirtschaftszweige und letztendlich für alle Betriebe Ziele aus. Für die Dauer des „Plans“ war genau festgelegt, wie viel von einer Waren in einem bestimmten Zeitraum hergestellt werden musste.
Gleichzeitig gibt der Staat auch Preise vor, zu denen die hergestellten Produkte verkauft werden sollten. Die Preise wurden direkt ab Werk auf jedes Produkt aufgedruckt. Weder der herstellende Betrieb noch die Verkaufsstelle konnten auf den Verkaufspreis Einfluss nehmen.
Die Staatliche Plankommission gab nicht nur die Pläne aus, sondern kontrollierte auch deren Durchführung und Einhaltung.
Zur Unterscheidung: In der Marktwirtschaft regeln Angebot und Nachfrage, welche Produkte hergestellt werden, in welchen Mengen sie hergestellt werden und zu welchem Preis sie verkauft werden. Der Staat greift nur minimal ein, wenn die Freiheit der Märkte das Wohl der Gesellschaft bedrohen. Das Festlegen eines Mindestlohns ist zum Beispiel eine Maßnahme des Staates, ins Wirtschaftsgeschehen einzugreifen.
Jeder Unternehmer gestaltet die Preise so, dass er mit dem Verkauf einen möglichst hohen Gewinn erzielen kann. Das ist für den Unternehmer gut, benachteiligt aber Personen mit geringem Einkommen, die sich ein Produkt eventuell nicht leisten können. Es entstehen dann in der Gesellschaft soziale Unterschiede.
Diese sozialen Unterschiede sollen durch Planwirtschaft vermieden werden. Jeder hat ungefähr gleich viel Geld zur Verfügung und kann alle Produkte zu einem geringen (weil staatlich festgelegten) Preis kaufen.
In der Marktwirtschaft gehören die Produktionsmittel (Fabrikgebäude, Werkzeuge, Maschinen) Privatpersonen. In der Planwirtschaft gehören alle Produktionsmittel dem Staat.
In der DDR waren fast alle Betriebe verstaatlicht, also „Volkseigener Betrieb“ (VEB). Oftmals wurden einzelne kleine Betriebe zu größeren Kombinaten zusammengelegt.
Bodenreform und Zwangsenteignung
Auch in der Landwirtschaft wurden Ländereien, Höfe und Maschinen zu "Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften“ (LPGs) verstaatlicht. Die „Bodenreform“, die schon 1945 begann und die von der DDR-Propaganda als große Erfolgsgeschichte verkauft wurde, beruhte auf tausenden Zwangsenteignungen und war für die betroffenen Bauern ein großes Drama.
Hier das Beispiel einer Zwangsenteignung - - - >
Mangelwirtschaft
Die Planwirtschaft der DDR entpuppte sich sehr schnell als Mangelwirtschaft. Die passgenaue Versorgung aller DDR-Bürger mit allen Produkten des täglichen Bedarfs funktionierte nicht.
Die niedrigen Preise für Grundnahrungsmittel konnten nur durch hohe staatliche Zuschüsse gehalten werden, wodurch sich der Staat von Anfang an verschuldete. Viele Waren gab es selten, nur in geringen Mengen und nur unter dem Ladentisch. Schlangestehen wurde zur Normalität des DDR-Bürgers. Entdeckte man durch Zufall eine Menschenschlange vor einem Geschäft, reihte man sich ein, ohne zu wissen, was es überhaupt gab.
Die 50er Jahre: Das Butter-Problem
Ob das Volk gut versorgt werden konnte, hing von der Landwirtschaft ab. Doch die litt unter den Enteignungen und der Zwangskollektivierung. Ein Bauer konnte nicht mehr für sich und seinen Hof entscheiden, sondern er war eingegliedert in ein System, in dem er selbst nichts mehr zu melden hatte. Der Plan schrieb genau vor, wie viel er von welchem Produkt anzubauen hatte und wann er welche Maschinen verwenden konnte. Im Ergebnis reichten die landwirtschaftlichen Produkte bei Weitem nicht aus, um das Land sattzukriegen.
Der Mangel an Butter war so gravierend, dass Walter Ulbricht die Leute aufrief, ihren Butterkonsum einzuschränken. Er erklärte, dass Butter gar nicht gesund sei und mahnte dazu, mehr Obst und Gemüse zu essen. Das Problem: Obst und Gemüse waren noch knapper als Butter.
Für die DDR-Bürger war die Situation frustrierend. Das lag auch daran, dass fast jeder Verwandte oder Bekannte im Westen hatte und westdeutsches Fernsehen empfangen konnte. Man war über das Warenangebot im Westen informiert und fühlte sich umso mehr abgehängt.
Die 60er Jahre: Exquisit, Intershop und Delikat
Weil die Menschen die schlechte Qualität und das geringe Angebot gerade bei der Kleidung bemängelten, wurden schon 1962 „Exquisit“-Läden ins Leben gerufen. Das waren Bekleidungsgeschäfte mit qualitativ hochwertiger Ware. Das Problem: Für DDR-Bürger mit ihren kleinen Gehältern waren die Stücke aus dem Exquisit-Läden kaum bezahlbar. Der Preis für eine Jacke oder ein Kleid überstiegen nicht selten einen DDR-Monatslohn.
Im gleichen Jahr folgte auch die Eröffnung von Intershops. In diesen Läden konnte man mit jeglicher Fremdwährung bezahlen, vorzugsweise mit Westgeld, nicht jedoch mit DDR-Geld. Das Sortiment umfasste begehrte Westprodukte aller Art: Nahrungsmittel, Alkohol, Tabakwaren, Kleidung, Spielzeug, Schmuck, Kosmetikartikel und technische Geräte. Die Artikel waren aber im eigentlichen Sinne gar keine Westwaren, sondern wurden in der DDR für Westfirmen produziert. Dem DDR-Bürger sind beim Betreten eines Intershops regelrecht die Augen herausgefallen in diesem Meer aus bunten Farben und betörenden Gerüchen. Er bekam einen kleinen Einblick in die Warenwelt des Westens. Der nächste Besuch in der DDR-Kaufhalle war umso schlimmer und frustrierender.
Warum erlaubte die DDR Intershops? Weil sie Devisen brauchte, also Währungsmittel, die auf dem Weltmarkt einen großen Tauschwert hatten. Auch wenn es verboten war, ließen die Leute aus dem Westen ihren Verwandten in der DDR immer wieder Westgeld zukommen. Diese Scheine wollte die DDR abgreifen, um sie auf dem Weltmarkt einsetzen zu können. Erst ab 1972 war den DDR-Bürgern der Besitz von Westgeld und damit der Einkauf im Intershop offiziell erlaubt.
1966 wurde eine weitere Ladenkette ins Leben gerufen, die den gehobenen Ansprüchen gerecht werden sollte: die "Delikat"-Läden. Hier gab es Nahrung- und Genussmittel wie z.B. „Schaumwein“, edle Süßigkeiten, Obst-, Gemüse- und Wurstkonserven – zu Preisen, die ein normaler DDR-Bürger kaum bezahlen konnte.
Exquisit
Intershop
Delikat
Die 70er Jahre: Wisent-Jeans und Kaffee-Krise
Zu Beginn der 70er Jahre verbesserte sich das Warenangebot in der DDR. An Textilien, Bekleidung und Schuhen gab es eine akzeptable Auswahl, auch wenn die Qualität der Waren im Westvergleich zu wünschen übrig ließ und viele Produkte einfach schlechte Kopien der Westprodukte waren.
Im Westen waren zum Beispiel Jeans-Hosen mit Used-Look der große Renner. Wer eine Mustang-Jeans im Westpaket hatte, war in seiner Jugendgruppe der Größte. Die DDR erkannte den Bedarf der Jugend nach Jeans-Hosen und meinte, mit der „Wisent-Jeans“ eine ansprechende Alternative in die DDR-Läden zu bringen:
Die "Blue Jeans" im Used-Look, im Westen wie im Osten das begehrteste Kleidungsstück der 70er Jahre.
Die DDR-Version, Modell "Wisent". Nun ja.
Auch die Versorgung mit Obst und Gemüse gelang in den 1970er Jahren besser. Ein breites Sortiment an heimischen und nicht-heimischen Obst- und Gemüsesorten war in den Läden verfügbar. Im Jahr 1978 aß ein DDR-Bürger durchschnittlich 31 kg Obst pro Jahr (in erster Linie Äpfeln, Kirschen, Erdbeeren, Pflaumen und Birnen). Auch Bananen, Orangen, Mandarinen und Grapefruits gab es zu kaufen, wenn auch nicht überall und nur in begrenzten Mengen.
Was das Gemüse betrifft, standen dem DDR-Bürger vorwiegend inländisch produzierte Gemüsesorten zur Verfügung. Der Anteil an ausländisch produziertem Gemüse lag 1976 bei 22,5%. Das war der Höchstwert, der danach nie wieder erreicht wurde. Dauerhaft verfügbar waren Rot- und Weißkohl, Möhren, Porree und Gurken. Paprika und Tomaten waren Besonderheiten.
Ausgelöst durch eine Missernte in Brasilien kam es 1977 zu einer weltweiten Kaffeekrise. Der wenige noch verfügbare Kaffee war so teuer, dass die DDRau dem Weltmarkt nur noch wenig davon kaufen konnte. Als Alternative wurde der "Kaffee-Mix" auf den Markt gebracht, der sich aus 51% Kaffeepulver und 49% Getreide und Hülsenfrüchten (in Pulverform) zusammensetzte. Der daraus gebraute Kaffee schmeckte scheußlich und verstopfte die Kaffeemaschinen, so dass er schnell wieder aus den Regalen verschwand.
Die 80er Jahre – Es reicht!
Die Versorgungsengpässe wurden von den Verantwortlichen immer als Übergangs-Probleme dargestellt. Schließlich sollte in der DDR ein neues Gesellschafts- und Wirtschaftssystem aufgebaut werden - da konnte nicht von Anfang an alles reibungslos funktionieren. Die Einkäufer versprachen, neue Handelswege zu erkunden und schon bald allen Konsumwünschen der Bürger gerecht zu werden. Sie verlangten Geduld, Verständnis und Zuversicht. Doch immer weniger Menschen glaubten noch an den Siegeszug des Sozialismus. Zunehmend fühlte man sich von der DDR-Propaganda veralbert und betrogen.
Immer mehr Menschen führten nun den einen fehlenden Artikel auf das Nicht-Funktionieren des Systems im Ganzen zurück. Im Sozialismus würde niemals mehr gelingen als die Grundversorgung, würde der Kunde niemals aus einem breiten Angebot auswählen können.
Eine Eingabe an Erich Honnecker (1984) - - - - - >
1987 schreibt der HO-Chef:
"Aufgrund der unbefriedigenden Angebotssituation in den o. g. Sortimenten, insbesondere bei Kinderbekleidung […] kommt es in allen befragten Verkaufseinrichtungen zu kritischen bis zu aggressiven Meinungsäußerungen der Kunden."*
Eine Frau schrieb 1987 ins Kundenbuch des Dresdner Kinderkaufhauses:
"Seit vielen Wochen komme ich fast täglich, um eine Hose in der Größe 98/110 für meinen Sohn zu bekommen. Für ein Kaufhaus ist es ein völlig untragbarer Zustand, daß nicht eine Hose in dieser Größe zu bekommen ist. […] Ich erwarte eine Stellungnahme zu diesen unmöglichen Zuständen, denn meine Zeit ist auch kostbar und der Winter steht vor der Tür." *
Auch die Stasispitzel, die unzählige Gespräche im privaten und öffentlichen Raum überwachten, nahmen eine wachsende Unzufriedenheit wahr.
Im Januar 1988 berichtet das Ministerium für Staatssicherheit, basierend auf den Berichten ihrer Spitzel:
- In der Hauptstadt und in allen Bezirken der DDR nehmen Meinungsäußerungen zu Fragen des Handels und der Versorgung zu.
- Die Versorgungsschwierigkeiten sind wichtigstes Thema in allen Diskussionen in den Arbeitskollektiven.
- Auch in Versammlungen in den Betrieben und in den Wohngebieten ist die Mangelversorgung das wichtigste Thema.
- Die Meinungsäußerungen werden immer schärfer und kritischer, sie lassen einen wachsenden Unmut und steigendes Unverständnis erkennen.
- Die Leute beschweren sich konkret über Angebots- und Sortimentslücken, über Qualitätsmängel, unregelmäßige Warenlieferungen, auch bei Grundnahrungsmitteln, fehlende Ersatzteile, unvertretbar lange Wartezeiten in allen Dienstleistungs- und Service-Einrichtungen, besonders im Bereich der Kfz-Reparatur und über die zu hohen Preise im „Delikat“ und „Exquisit“.
In Beschwerdebriefen stellten die Leute nun unverblümt einen Zusammenhang zwischen der Versorgungslage und der SED-Politik her.
In einer Eingabe schrieb eine Frau im Jahr 1989:
„Kann das heutige Angebot an Obst und Gemüse im Sinne der Politik zum Wohle des Volkes sein?" Sie schrieb außerdem, dass sie ihren Kindern Sumavit-forte und Traverdin verabreichen müsse, um wenigstens das Gefühl zu haben, dass die Kinder Vitamine zu sich nehmen. Diese wüssten nicht mehr, wie eine Aprikose aussieht. Am Anfang der 1970er Jahre sei es noch möglich gewesen, Aprikosen und Pfirsiche stiegenweise zu kaufen. Es habe Ananasfrüchte, Mandarinen, Apfelsinen, Bananen und Feigen gegeben und verschiedene Sorten Äpfel. Das Obstangebot 1989 beschränke sich nun im Wesentlichen auf den Apfel „Gelber Köstlicher“, der alles andere als köstlich ist und im Volksmund ‚Gelbes Elend‘ hieße.
In einer anderen Eingabe heißt es:
"Bananen, gute Apfelsinen, Erdnüsse u. a. sind doch keine kapitalistischen Privilegien. Wenn so kleine Länder wie die Schweiz oder Österreich Südfrüchte in großer Auswahl anbieten können, müßte das doch in unserem Land, einem führenden Industrieland, möglich sein. Wir alten Menschen, wie unsere Kinder und Enkelkinder möchten Südfrüchte nicht nur als ‚milde Gaben‘ von Verwandten aus der BRD geschenkt bekommen, sondern in unseren Geschäften selbst kaufen können."
Keine Modernisierung
Ein großes Problem war die mangelnde Modernisierung. Die Maschinen in den Fabriken wurden nicht auf dem neusten Stand gehalten. Ging eine Maschine kaputt, wurde sie nicht repariert oder ersetzt. Das wirkte sich auf die Produktionsleistung aus.
Einmal auf den Markt gekommene Produkte wurden nicht oder kaum weiterentwickelt. „Bei wichtigen langlebigen Konsumgütern blieb die technologische Entwicklung spätestens seit Beginn der 1970er Jahre faktisch stehen: Die PKW-Typen der Marken Trabant und Wartburg wurden seit Einführung ihrer Serienproduktion in den frühen 1960er Jahren im Wesentlichen unverändert hergestellt. Bei Haushaltsgroßgeräten, Radios, Stereoanlagen oder Fernsehapparaten zeigte sich ein ähnliches Bild. Für Kühlschränke lautete etwa das Fazit einer Analyse aus dem März 1989: "85 % der Erzeugnisse der Inlandsproduktion entsprechen dem wissenschaftlich-technischem Niveau der 1970-er Jahre."*
Technischer Stillstand am Beispiel des Trabants - - - ->
Zum Ende der 80er Jahre häuften sich auch beim MfS die Meldungen über wütende und boshafte Äußerungen der abgehörten Personen. Wenn sich nicht bald etwas ändern würde, wäre bald kein DDR-Bürger mehr für den Sozialismus zu begeistern, so fassten die Stasi-Spitzel die Stimmung im Volk zusammen.
Besonders wütend waren die Leute über die verzerrte Berichterstattung im Fernsehen und in den Zeitungen. Dort war nur von übererfüllten Plänen, vollen Regalen und glücklichen DDR-Bürgern die Rede.
1989 wurde bei immer mehr Menschen eine Anti-Haltung erkennbar. In den Betrieben war niemand mehr bereit, Sonderschichten oder Zusatzaufgaben zu übernehmen. Auch Austrittserklärungen aus der SED und anhängigen Massenorganisationen häuften sich.
Die SED-Führung reagierte nicht auf die steigende Unzufriedenheit im Volk beziehungsweise bekam sie in ihrer abgeschotteten Siedlung in Wandlitz nichts davon mit. Die alten Männer aus der Führungsriege wurden mit allem bestens versorgt, die DDR-Betriebe sahen sie nur bei offiziellen Besuchen, bei denen nach tagelanger Vorbereitung alles reibungslos funktionierte.
Und dann dauerte es nur noch ein paar Wochen, bis die DDR Geschichte war. Flüchtlingsströme, Montagsdemonstrationen, Grenzöffnung, Mauerfall. Die Güterversorgung war einer der Gründe für das Scheitern der DDR.